Sonntag, 11. Juli 2021

Urlaub


Urlaub mit leichtem Gepäck

15. Sonntag im Jahreskreis B - Predigt, Eckenförde 9.30 Uhr

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn man in Urlaub fährt, stellt sich jedes Mal die Frage: Was packe ich ein? Was brauche ich? Was brauche ich nicht? Was kann ich zu Hause lassen? Was nehme ich mit in den Urlaub?

Wir können stets nur eine begrenzte Anzahl von Kleidungsstücken, Büchern, technischen Geräten und so weiter mitnehmen - und ich behaupte gerade in dieser Begrenzung liegt ein wesentlicher Faktor der Erholung. Sicherlich gibt es viele andere Dinge, die einen erholsamen Urlaub ausmachen: ein schöner Ort, Natur, nette Menschen, genügend Zeit, Freiheit von Verpflichtungen, vielleicht auch Kultur und interessante Begegnungen, aber für mich eben auch sehr wesentlich die Begrenzung und die Einfachheit. Schon von Jugend an war das so: Wenn wir mit den Pfadfindern mit dem Rucksack oder Zelt losgezogen sind; jedes Gramm zu viel hat die Tour anstrengend gemacht. Im Urlaub verzichte ich auf etwas, manchmal müssen wir dann improvisieren oder vermissen gewisse Gegenstände, die hilfreich wären, aber wir gewinnen an Freiheit. 

Im heutigen Evangelium wird die Aussendung der zwölf der engsten Freunde Jesu erzählt. Jesus zieht durch Galiläa und sendet sie aus. Dabei sollen sie alles mitnehmen, was nötig ist: Kleidung, Sandalen, einen Wanderstock. Aber sie sollen nichts nehmen, was nicht unbedingt notwendig ist: Kein Geld, keine Wechselkleidung. Denn sie sollen darauf hoffen, dass sie gastfreundlich aufgenommen werden.

Was es dafür braucht, ist eine gewisse Haltung der Einfachheit und der Bescheidenheit, das heißt: kein Machtgehabe, kein persönlicher Reichtum und kein Wunsch durch besonderes Auftreten Eindruck zu erwecken. Die Botschafter Christi haben keine andere Visitenkarte als die Autorität desjenigen, von dem sie gesandt sind; und ihre Verfügbarkeit. Seinem Geist sollen sie folgen, und nicht auf menschliche Mittel ihre Hoffnung setzen. Was sie auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, Gutes zu tun. 

Sie begegnen den Menschen dort, wo sie in ihrem tiefsten Inneren verletzt und bedrückt sind. Sie schenken Hoffnung, sie treiben Dämonen aus, sie heilen Kranke. Die Begegnung mit den Menschen geschieht in völliger Freiheit: in freimachender Einfachheit. Sie öffnen Türen nicht mit Gewalt. Jeder darf sich für oder gegen sie entscheiden. Diese Freiheit hängt mit der Einfachheit zusammen, mit der Armut der Mittel mit, mit denen Sie unterwegs sind.

Diese Spannung gilt es zu entdecken: die Spannung zwischen der Armut der Einfachheit bzw. der selbstgewählten Mittellosigkeit auf der einen Seite - und der Fülle und dem Reichtum, der damit einhergeht. Von uns selbst heraus tendieren wir dazu, immer mehr haben zu wollen. Die Würde des Menschen kommt aber nicht im Haben zu Erfüllung, sondern in der Bedürftigkeit werden wir zu Geschwistern.

Wir wissen es schon lange: der Konsum allein schafft nicht das Glück! Das wird uns im Blick auf die Frage nach der Schöpfung und der Gerechtigkeit immer mehr klar. Doch wie schwer fällt es uns unseren Lebensstil zu verändern!? „Das Glück erfordert, dass wir verstehen, einige Bedürfnisse, die uns betäuben, einzuschränken, und so ansprechbar zu bleiben für die vielen Möglichkeiten, die das Leben bietet.“ (Papst Franziskus in der Enzyklika Laudato si, Nr. 223)

In der Bedürftigkeit der Apostel will Gott den Menschen nahe sein. In der Bedürftigkeit werden wir zu Geschwistern, denn es gehört zum Glück, füreinander da zu sein. Gerade in dem die Apostel als Gesandte Jesu nichts haben außer dem Nötigsten, werden sie sich werden sie frei, sich beschenken zu lassen. Diese Erfahrung habe ich als Jesuit schon so oft gemacht, dass gerade da, wo ich selbst auf die Hilfe von anderen angewiesen bin, ich etwas von Gottes Liebe und Nähe und seiner heilvollen Botschaft weitergeben kann. 

Und schließlich noch ein weiterer wichtiger Gedanke, warum wir in der Genügsamkeit und Demut das Leben finden. Er wird in der heutigen Lesung aus dem Epheser-Brief angesprochen: weil so deutlich wird, dass wir in Jesus Christus die Fülle des Lebens schon geschenkt bekommen haben. 

  • Wir sind als geliebte Tochter und geliebter Sohn von Anfang an durch Gott erwählt.
  • Jede und jeder einzelne von uns ist aus Liebe durch Christus dazu bestimmt, zu ihm zu gehören, das heißt wir sind gesegnet durch seine Erlösung an der Fülle des Lebens teilzuhaben.
  • der Geist, den wir erhalten haben, ist schon der erste Anteil. 

Also: Wir haben schon die Fülle erhalten! Wir haben alles, was wir brauchen verbunden – und noch so viel mehr mit Christus, dessen Namen wir im Herzen tragen! Das ist der Grund, warum wir uns in unserem Leben nicht mit überflüssigen Dingen belasten müssen und in Freiheit und Einfachheit der Kinder Gottes leben dürfen. Amen


Diese Predigt wurde inspiriert durch die Band Silbermond („Mit leichtem Gepäck“), Martin Löwenstein SJ und Pierre Emonet SJ.