Predigt Vierter Ostersonntag A – Hamburg, 30.4.2023
„Gott hat Jesus zum Herrn und Christus gemacht.“ (Apg 2,36) Das ist die entscheidende Aussage des Petrus: Jesus lebt! Ihr habt ihn gekreuzigt, aber Gott hat ihn zum Herrn und Christus gemacht. Das ist die Nachricht, zu der jeder, der sie hört, Stellung nehmen muss.
Allen wird das Heil angeboten: „Euch und euren Kindern gilt die Verheißung und all denen in der Ferne.“ Viele nahmen das Wort an, so heißt es, „und sie ließen sich taufen. An diesem Tag wurden ihrer Gemeinschaft etwa 3000 Menschen hinzugefügt.“ (Apg 2,41). Eine beeindruckende Zahl: 3000 Menschen, die sich taufen ließen!
Solche Zahlen kennen wir sonst nur noch aus den Erzählungen der großen Missionare. Franz-Xaver etwa verkündete, als er 1542 in Südindien ankam, den christlichen Glauben, lehrte die Menschen die Zehn Gebote und das Glaubensbekenntnis, betete mit ihnen das "Vater unser". Es gab schon Missionare vor ihm, und seine Botschaft kam offenbar an. Angeblich taufte er 20.000-30.000 Menschen in den zwei Jahren, die er dort lebte.
Von solchen Zahlen sind wir in Europa weit entfernt. In unserer Pfarrei hier in Hamburg wurden an Ostern acht Erwachsene getauft und gefirmt. Sie haben sich etwa ein Jahr darauf vorbereitet und ich durfte sie zusammen mit einigen Ehrenamtlichen begleiten. Ein intensiver Weg der Suche und Übung, manchmal auch der Auseinandersetzung und des Ringens. Um zu erkennen: Jesus ist der Herr und der Christus!
Es ist heute in unserer Kultur keineswegs mehr selbstverständlich, sich zu Christus zu bekennen, umzukehren, sein Leben neu auszurichten: glaubend und hoffend und liebend auf Gott zu vertrauen. Deshalb braucht es, so bin ich überzeugt, gerade heute eine Einübung ins Christ-Sein und gewisse grundlegende Kenntnisse, damit jemand mit gutem Gewissen sagen kann, ja ich glaube. Die Zeit bis zur Taufe wird Katechumenat genannt. In Deutschland dauerte es etwa ein Jahr, in Frankreich zwei Jahre.
Die evangelische Kirche in Deutschland geht nun neue Wege. In Hamburg gibt es die Ritualagentur „St. Moment“, in der man sich spontan taufen lassen kann. Bei einer „Pop-up-Taufe“ werden Kinder und Erwachsene nach einem Vorgespräch und der Wahl eines Taufspruchs getauft: Keine Bedingungen, kein Vorwissen, keine Katechese (vgl. NKiZ 17/2023, 30.4.2023, S. 2: Taufe ohne Tamtam).
Manche finden so den Weg zur Kirche, die sich lange nicht getraut haben, nach der Taufe zu fragen. Ist das eine Rückkehr zu den Wurzeln? Sollte es das auch in der katholischen Kirche geben? Ich meine nicht, aus drei Gründen.
1/ Die Taufvorbereitung ist keine Hürde. Es geht nicht darum, einen Zaun zu ziehen und den Weg in die Kirche möglichst schwierig zu machen. Die Vorbereitung auf die Taufe ist eine Zeit, um im Glauben zu wachsen. Vor der Taufe sollen erwachsene Menschen den Glauben und die Kirche kennen lernen, sie sollen erfahren können, was Gebet bedeutet, in der Bibel lesen, Gemeinschaft erleben, grundlegende Kenntnisse erwerben und eine Praxis im Glauben einüben. Es geht um Reflexion und um einfache Schritte in der „Kunst zu glauben“.
Seit einiger Zeit übe ich mich im Qigong. Wöchentlich eine Stunde mit Anleitung, darüber hinaus Aufgaben für zu Hause. Im Tun geschieht etwas und vertieft sich eine Erfahrung, die ohne Übung nicht möglich ist. Erst dann kann ich sagen, was Qigong für mich bedeutet.
Christ-Werden und Christ-Sein ist auch ein Übungs-Weg. „Der neue Weg“ - so werden die Christen in der Apostelgeschichte genannt. Dieser Weg ist mit der Taufe sicherlich nicht zu Ende, aber ich muss mich mit anderen auf den Weg machen, um zu erkennen, was diese neue Lebensweise für mich bedeutet
2/ Die Taufe ist kein Zaubertrank. Die Taufe ist das grundlegende Sakrament der Liebe Gottes. Durch die Taufe wird uns alle Schuld vergeben, durch die Taufe werden wir mit Christus verbunden. Durch die Erinnerung an seinen Tod und seine Auferstehung und durch die Taufe werden wir Teil der Gemeinschaft der Glaubenden. Die Taufe ist keine Magie, kein Hokuspokus, durch den jemand plötzlich ein anderer Mensch wird. Ich glaube: Die Taufe ist wirksam, sie erlöst und sie heiligt, aber dies geschieht im Glauben. Taufe ist kein Wunderwasser, denn alles, was geschieht, geschieht an uns selbst, nicht an uns vorbei. Der ganze Mensch mit Leib und Seele steht dabei in der Dynamik des Glaubens. Er wird in die Freiheit geführt. Die Freiheit ist Gabe und Aufgabe. Diese Freiheit baut auf der Freiheit des Menschen auf. Gott handelt nicht an uns vorbei, sondern aufgrund unserer Freiheit und unseres Glaubens.
3/ Die Gemeinschaft ist kein Selbstzweck. Die Kirche ist kein Verein, bei dem ich auf eine bestimmte Zeit Mitglied werde und Beitrag bezahle, sondern eine Gemeinschaft, um auf Jesus Christus zu hören, seine Stimme zu erkennen und wieder zu erkennen, gemeinsam hinauszugehen, eine neue Form zu leben zu finden, sich zu unterstützen. Das bedeutet: Die Kirche ist nicht für sich selbst da, sondern sie soll helfen, zu glauben. Und sie ist nicht aus sich heraus Kirche, sondern aus dem Auftrag Jesu.
„Prüft die Stimme!“, sagt uns Jesus; prüft das Wort und den Klang! Die Stimme Jesu ist unverwechselbar. Er ist das wahre Wort, er ist der gute Hirt. Diese Prüfung will geübt und immer wieder eingeübt werden. Die Taufe ist der Eintritt in die Kirche, die Verbindung mit Jesus Christus, der die Tür ist. Er führt uns zu Gott und zum Leben in Fülle. Amen.
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