Montag, 17. April 2023

Österliche Freude


Predigt Zweiter Sonntag in der Osterzeit 2023 Manresa - Hamburg

Nächstes Wochenende hoffe ich, treffe ich mich mit Studienfreunden. Wir kennen uns schon lange, haben vor bald 30 Jahren in Münster gemeinsam mit dem Studium begonnen, prägende Erfahrungen miteinander geteilt. Inzwischen sind fast alle verheiratet, Eltern von Kindern, die bald schon die Schule abschließen werden. Sie haben andere Erfahrungen gemacht, eine andere Perspektive und Lebenswirklichkeit als ich. Und ich bin, ehrlich gesagt, etwas aufgeregt, wenn ich daran denke, diese Gruppe wiederzusehen. Ob wir an die Erlebnisse von damals anknüpfen können? Ob wir uns gut verstehen werden? Ob ich verstehen kann, was sie in den letzten Monaten, in Corona und danach, als Familie erlebt haben? 

Es ist meine Freundschaft mit den anderen, aber diese Freundschaft lebt aus den Begegnungen, sie braucht die anderen. Freundschaft geht nicht allein, und doch ist es meine Beziehung zum Freund, die nie gleich ist. Jede Freundschaft ist anders.

Vielleicht ging es dem Apostel Thomas ähnlich. Er war einer der Zwölf, die mit Jesus in Galiläa unterwegs gewesen waren, er gehörte zum Kreis der engen Freunde Jesu, war mit Ihnen nach Jerusalem unterwegs, hat ihn in den letzten Lebensstunden begleitet. Danach ging jeder seiner Wege. Einige blieben in Jerusalem, andere gingen nach Emmaus, nach Kafarnaum, nach bei Betsaida und so weiter. Dann gab es da diese Geschichten von Auferstehung, von Begegnung mit dem Herrn. Manche sagten, er lebe. „Wir haben den Herrn gesehen!“

Eine Woche nach dem großen Fest der Juden waren sie wieder in Jerusalem versammelt, und diesmal war Thomas dabei. Sie teilten viele gemeinsame Erfahrungen, doch Thomas, so stelle ich mir vor, war sich nicht sicher, ob er verstehen könnte, was sie in der letzten Woche erlebt hatten, als der Herr angeblich bei Ihnen war. 

Der Glaube ist etwas Persönliches, aber erlebt aus dem Zeugnis der anderen und aus den Begegnungen. Jeder glaubt selbst, aber keiner glaubt er allein. Glaube geht nicht allein, es ist eine Beziehung mit Gott durch Jesus Christus, im Heiligen Geist. Doch jeder Glaube ist anders, jede Freundschaft ist anders. Wie der verstorbene Papst Benedikt gesagt hat: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt!“ und „Wer glaubt, ist nicht allein.“

Glaube lebt in einer kreativen Spannung von Individualität und Gemeinschaft in der Kirche, vom persönlichen Beten und vom gemeinsamen Gotteslob, von eigenem Engagement und gemeinsamen Wirken, von Entschiedenheit und Überzeugung und vom Hören auf die anderen. Denn es ist der gleiche Geist, der in allem wirkt!

Diese Überzeugung, dass es der gleiche Geist ist, der in allen wirkt, diesen Glauben konkret zu leben – das ist nicht so einfach. Nicht in der Kirche, nicht in der Ordensgemeinschaft, nicht in der Gemeinde. Was ist denn, wenn es unterschiedliche Ansichten gibt? Wenn ich das, was die anderen sagen, nicht teile? Wenn ich andere Erfahrungen und Überzeugungen habe? Kann es sein, dass Gott, dem einen dies und dem anderen das sagt?

„Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam.“ (Apg 2,44) An anderer Stelle in der Apostelgeschichte heißt es: „Sie waren ein Herz und eine Seele.“ (Apg 4,32) Das ist sicher eine Idealisierung! Aber irgendwie scheint es ja schon eine Einmütigkeit zu gegeben zu haben: eine Gemeinschaft, bei der das Individuum nicht aufgelöst wird. 

Christlich gesehen ist der Satz: „Du bist nichts, dein Volk ist alles“ vollkommen falsch. Aber es gilt eben auch nicht: „Du bist alles, deine Gemeinschaft ist nichts.“ Irgendetwas dazwischen?

3/ Was ist das Kriterium in der Spannung zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft? Das Kriterium der Entscheidung ist, so hören wir es in dieser diesen Ostertagen sehr deutlich, die Freude! Das ist ein persönliches Gefühl bei jedem und jeder einzelnen, das in der Gemeinschaft geschenkt wird. 

„Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.“ (Joh 20,20) Die Jünger „hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens.“ (Apg 2,46) Gott behütet euch durch den Glauben, „deshalb seid voll Freude, obwohl ihr jetzt vielleicht eine Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müsst.“ (1Petr 3,6) „Ihr habt ihn nicht gesehen, und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn auch jetzt nicht, aber glaubt an ihn und jubelt in unaussprechlicher Freude.“ (1Petr 3,8) Und schließlich Thomas: Er sprach: „Mein Herr und mein Gott“ (Joh 20, 28). Ich stelle mir vor, dass er das in unsagbare Freude getan hat: „Mein Herr und mein Gott.“

Die Nachricht „Jesus lebt!“ stieß bei Außenstehenden, aber auch bei den Jüngern selbst auch Zweifel. Thomas hatte seine Fragen. Jesus hat ihn ernst genommen, er hat den Zweifler gesucht und gefunden. Er hat ihm geholfen, aber das Wagnis des Glaubens, der als persönlicher Glaube in Gemeinschaft lebt, hat er dem Jünger nicht abgenommen. „Glaube ist keine Ideologie, sondern Glaube ist die Freundschaft mit dem Herrn, die wir leben und die uns drängt, anderen zu begegnen.“ (Czerny/Baron) Die Freude ist wie ein Wegweiser auf diesem Weg, ein Kompass im Glauben, in der Freundschaft mit Jesus. Amen.


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