Donnerstag, 28. Dezember 2023

Vergessen?!


Predigt Weihnachten 2023 – am Tag | Manresa, Hamburg

Les: Joh 1,1-18

Wenn ein Kind geboren wird, die Eltern sich über die Geburt des Kindes freuen und für es sorgen, dann geben Sie ihm einen Namen. Es mag sein, dass es verschiedene Vorschläge und Ideen gab, welchen Namen sie dem Kind geben würden, doch bald nach der Geburt einigen sie sich, wie das Kind heißen soll. 

Es ist unvorstellbar, dass sie diesen Namen vergessen werden, so, als ob sie eines Tages aufwachen und das Kind sehen und plötzlich nicht mehr wissen, wie es heißt. „Sag mal, weißt du noch, wie unser Kind heißt? Welchen Namen haben wir ihm denn gegeben? Es kann nicht selbst reden, sonst könnten wir es ja fragen!“ Dieser Gedanke ist völlig unvorstellbar, er klingt absurd. Vgl. https://www.der-postillon.com/2013/12/eltern-vergessen-namen-ihres-kindes.html (3.12.13)

Denn erstens kann man zwar viel vergessen, aber den Namen des eigenen Kindes zu vergessen? Das kann man sich niemand so richtig vorstellen. „Kann denn eine Frau, ihr Kind vergessen?“, so fragt der Prophet Jesaja, „eine Mutter ihren leiblichen Sohn?“ (Jes 49,15). Zweitens gibt es andere Menschen um die Eltern herum, die von dem Kind wissen und seinen Namen kennen. Eine der ersten Fragen an eine Mutter mit ihrem Neugeborenen ist doch natürlicherweise immer: „Na, wie heißt das Kleine denn?“ Und schließlich gibt es hier bei uns das Geburtsregister, in das der Name des Kindes eingetragen wird. Außerdem das Taufbuch der Pfarrei, das seit über 200 Jahren systematisch geführt wird, meist noch handschriftlich wird in schönen Lettern der Name des Kindes eingetragen, unauslöschlich. 

Der Name des Kindes, das Maria und Josef in dieser Nacht geboren wurde, ist: Immanuel, wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Friedensfürst“, so der Prophet Jesaja in seiner Verheißung, die gestern Abend als Lesung hier verkündet wurde (Jes 9,5). Und so heißt es auch im Evangelium nach Matthäus: „Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, sie werden ihm den Namen Immanuel geben, d.h. übersetzt Gott mit uns.“ (Mt 1,23) Josef gibt ihm den Namen Jesus, wie es ihm der Engel im Traum befohlen hatte, das bedeutet Gott rettet. (Mt 1,25)

Im Evangelium, dass wir heute, am Weihnachtstag, gehört haben, dem Prolog des Johannes, taucht der Name erst ganz am Schluss auf, im vorletzten Vers, so, als habe der Evangelist ihn versteckt. Er spricht vom „Wort Gottes“, vom „Leben und Licht der Menschen“, vom „Licht in der Finsternis“, vom „wahren Licht, das jeden Menschen erleuchtet“, von ihm, „der in die Welt kam“, die ihm gehört, vom „Wort, das unter uns zelte“ und Wohnung nahm, von der „Fülle“, von der „Gnade“, von der „Wahrheit“, und dann, wie nebenbei, in der Gegenüberstellung zu Mose, der Name „Jesus Christus“. „Der Einzige, der Gott ist, und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.“ 

Johannes versteckt diesen Namen (vgl. Apg 4,12) in seinem Prolog, er enthält ihn uns vor, er steigert die Spannung für die Hörer, die doch wissen möchten, um wen es sich handelt. Das passt zum Duktus seines Evangeliums, in dem uns schrittweise, pädagogisch, die Identität und die Sendung des Gottes Sohnes enthüllt wird. In sieben Zeichen bzw. Wundern offenbart Jesus seine Herrlichkeit.

Ein erstes Zeichen wirkt Jesus in Kana in Galiläa bei einer Hochzeit, obwohl seine Stunde noch nicht gekommen ist. (Joh 2,4). Weitere Zeichen folgen. Ein letztes Zeichen ist die Auferweckung des Lazarus (Joh 11). Diese Zeichen führen zum Geheimnis von Tod und Auferstehung Jesu, das selbst kein Zeichen ist, sondern erfahrene Wirklichkeit.

Warum nennt Johannes diesen Namen nur versteckt, wie beiläufig? Hat er ihn vergessen? Für den Evangelisten Johannes ist das unvorstellbar! Wer einmal den Weg mit Jesus gegangen ist, wer ihn kennen gelernt hat, wer seine Herrlichkeit gesehen hat und nicht nur die Wunder, die er getan hat, der wird seinen Namen, der kann seinen Namen nicht mehr vergessen.

Der Name „Jesus Christus“ bezeichnet das Wort Gottes. Das Wort Gottes ist eine Person. Der Name hat eine Bedeutung, wie wir gesehen haben, aber er weist auf eine tiefere Wirklichkeit hin nämlich, die Person, das Leben dieses Menschen, in dem Gott allen Menschen nah gekommen ist. Johannes ist vielleicht vorsichtig mit diesem Namen, denn der Name kann uns ablenken von der Person. Titel sind nur Schall und Rauch, sie können missverstanden werden. Jesus ist der Christus, der Messias, aber eben gerade nicht in diesem Sinne, wie ihn viele erwartet haben.

Und was ist mit uns heute? Ist es vorstellbar, dass wir diesen Namen vergessen? Viele Menschen in Hamburg können mit der Person Jesus Christus nichts mehr anfangen, obwohl sie in einer christlichen Umgebung aufgewachsen sind. Sie feiern Weihnachten wie ein heidnisches Lichterfest. Sie stehen vor dem Kreuz und wissen nicht, dass sie ihn, das lebendige Wort, ansprechen können. Sie glauben nicht, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist - auch für sie! Es ist, als sei ihnen ein Kind geboren, über das sie sich freuen, aber sie stehen davor und haben den Namen vergessen, können ihn nicht ansprechen 

Es ist unvorstellbar, dass wir diesen Namen vergessen: Denn erstens lieben wir Jesus Christus. Er ist das Wichtigste in unserem Leben! Zweitens gibt es, Gott sei Dank, andere Menschen, die seinen Namen kennen und die uns zur Not daran erinnern können, selbst wenn wir ihn einmal vergessen sollten. Drittens gibt es die Bibel, die Heiligen Schriften, die Überlieferung, in denen der Name aufgeschrieben ist. Seit bald 2000 Jahren haben Menschen Zeugnis abgelegt und aufgeschrieben, was dieser Name für Sie bedeutet. Wenn Sie in den nächsten Tagen nicht mehr sicher sind, wie das Kind in der Krippe heißt: schauen Sie doch einfach mal nach!


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