Montag, 8. April 2024

belebt, begabt, beglaubigt

Foto von Max van den Oetelaar auf Unsplash



Predigt Zweiter Sonntag der Osterzeit 2024, Manresa | Hamburg  

Les: Apg 4,32-35; 1Joh 5,1-6; Joh 20,19-31 

Es ist Sonntagabend. Die Jünger sind versammelt. Wer genau, das wird nicht erläutert. Waren es nur die Elf, die sich getroffen haben? War Maria Magdalena dabei, die ihnen kurz vorher die überraschende Botschaft von der Auferstehung überbracht hatte? Petrus und Johannes, die zum Grab gelaufen waren? Joseph von Arimathäa und Nikodemus? Der Evangelist Johannes lässt es offen. Nur Ort und Zeit sind klar: Sie sind in Jerusalem, am ersten Abend der Woche, die Türen sind verschlossen.

Es geschieht etwas mit ihnen, was sie nicht erwartet haben und was alle ihre bisherigen Vorstellungen von Gott und seiner Leben spendenden Kraft offenbar übertroffen hat: Jesus tritt in ihre Mitte und redet zu ihnen. Eigentlich hätten Sie es ja wissen können, denn er selbst hatte ja gesagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ - in ihrer Mitte. Aber dass er das so verstanden hatte, das haben sie nicht geahnt.

Er hat an diesem Abend keine moralische Botschaft für sie, es geht auch nicht um ein aktuelles gesellschaftspolitisches Thema, oder vielleicht doch? „Friede sei mit euch!“ Das ist seine Botschaft. Kurz und prägnant. Der Friedensgruß erneuert das Vermächtnis Jesu aus seinen Abschiedsreden. Zugleich zeigt er die Spannung auf, in der die Jünger leben – in einer Welt mit Krieg, die sich nach Frieden sehnt und es doch nicht schafft, die Waffen schweigen zu lassen. 

Friede ist das, was der Glaube an Jesus schenkt. Die Reaktion der Jünger darauf ist die Freude, ein Kennzeichen des österlichen Geistes in ihnen. Und mit dieser Freude beginnt etwas Neues, denn die Jünger bekommen einen großartigen Auftrag. Dazu gleich mehr.

1/ Zunächst werden Sie neu belebt. Jesus haucht sie an. Der Atem, der Geist (ruach / pneuma / spiritus) ist nicht sichtbar, aber er hat eine Wirkung. Die Geistkraft stammt aus einer bleibenden, verborgenen Quelle. Gottes Geist macht den Menschen lebendig, so glauben wir (Credo 586,2).

Der erste Moment in unserem Leben: Einatmen! Der Atem belebt uns. Kinder, die nicht schreien bei der Geburt, können nicht atmen. In der Bibel heißt es im zweiten Schöpfungsbericht: „Gott formte den Menschen aus Staub und blies in seinen Nase den Lebensatem: so wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.“ (Gen 2,7)

Der Geist ist gleichbedeutend mit dem Leben selbst. Als Jesus starb, hauchte er den Geist aus (Joh 19,30: „Jesus neigte das Haupt und übergab den Geist“.) Dieser Geist wird nun den Jüngern vermittelt. (Joh 20,22: „Er hauchte sie an“). Die Jüngerinnen und Jüngern erleben eine Neuschöpfung: Das Lebensprinzip Jesu wir ihnen übergeben! (vgl. Joh 6,63: „der Geist ist es, der lebendig macht.“)

2/ Darin werden Sie begabt. Sie bekommen die Gabe des Geistes. Der Geist ist Beistand, den der Vater zugesagt hat, der ihnen in den Konflikten zur Verteidigung helfen wird, und er ist die Vollmacht, die Sünden zu vergeben. Darauf weist das Johannes-Evangelium heute besonders hin. Und mit dieser Gabe werden Sie von Jesus gesandt. Entsprechend der Sendung Jesu, die er vom Vater erhalten hat, werden sie nun von Jesus gesandt. „So wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“

Für den Evangelisten Johannes ist hier in diesem Zusammenhang wohl zunächst die Taufe als der einmaligen Vergebung der Sünden im Blick, der Neugeburt aus dem Wasser und dem Geist. Dem Neugetauften werden alle Sünden nachgelassen, denn erst ist, so heißt es an anderer Stelle „vom Tod ins Leben hinüber gegangen“ (vgl. Joh 5,25). Man kann aber heute auch andere Formen darunter verstehen, wie z.B. das Sakrament der Versöhnung: „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.“

Die Sendung Jesu ist ein Auftrag und eine Begabung der Jüngerinnen und Jünger, die in seinem Geist versammelt sind: es ist eine persönliche Weitergabe nicht nur seines Glaubens, sondern eben auch seiner Leben schenkenden Kraft. Es ist die Kraft der Versöhnung – mit Gott, mit sich selbst, mit den anderen.

3/ Und schließlich wird diese Sendung beglaubigt. „Thomas, einer der Zwölf, war nicht dabei, als Jesus kam.“ Doch auch er wünscht sich eine persönliche Begegnung mit Jesus. Er möchte eine persönliche Erfahrung machen, nicht den Glauben aus zweiter Hand zu erleben. Und dieses Anliegen ist durchaus berechtigt. Jesus nimmt es auf, er ermöglicht ihm diese Erfahrung. 

In Jerusalem, Sonntagabend, beglaubigt Jesus seine Identität: Der Auferstandene ist der Gekreuzigte, oder umgekehrt: der Gekreuzigte ist der Auferstandene. Thomas hat das verstanden und sein Bekenntnis ist seine Antwort darauf. 

Wir sind heute, Sonntagabend, von Jesus angesprochen. Er hat keine moralische Botschaft für uns, es geht auch nicht um ein aktuelles gesellschaftspolitisches Thema, oder vielleicht doch? „Friede sei mit euch!“ Das ist seine Botschaft. Kurz und prägnant. Zugleich zeigt er die Spannung auf, in der wir Jünger Jesu leben – in einer Welt mit Krieg, die sich nach Frieden sehnt und es doch nicht schafft, die Waffen schweigen zu lassen. 

Bitten wir heute Abend um seinen Geist, um seine Leben spende Kraft für die Sendung, zu Versöhnung und zum Frieden beizutragen!

Wir tun das gleich im Hochgebet, wir bitten um den Empfang des Heiligen Geistes. Im Westen beinhaltet das Hochgebet eine zweifache Herabrufung des Heiligen Geistes. Einerseits über die Gaben. Und andererseits erbitten wir nach dem Einsetzungsbericht den Geist Gottes auch für alle, die zur Eucharistie versammelt sind: „Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus“ (Drittes Hochgebet). Wir erbeten den Heiligen Geist immer auch auf uns. 

Beide Geist-Bitten gehören zusammen. Denn wenn wir in der Gabenbereitung unser eigenes Leben mit in die Schale legen, wenn wir eine persönliche Teilnahme an der Wandlung, dann ist es logisch, dass wir den Geist Gottes auf die Gaben und auf uns erbitten.

Ob sich der Heilige Geist leichter damit tut, Brot und Wein in Leib und Blut Christ zu wandeln? Vielleicht ist es anspruchsvoller, dass er uns wandelt? Das ist das Ziel. Eucharistie ist immer auch ein pfingstliches Ereignis.


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