Montag, 12. August 2024

So I'm here today because God kept me

Predigt Neunzehnter Sonntag im Jahreskreis B 2024 | Hamburg

Les: 1 Kön 19,4-8; Eph 4,30-5,2; Joh 6,41-51

Yemisi Ogunleye, 2024

Die Goldmedaillengewinnerin im Kugelstoßen, Yemisi Ogunleye gab auf der Pressekonferenz nach ihrem Olympiasieg am Samstagabend eine Kostprobe ihrer Gesangsfähigkeiten. Der Song heißt "I almost let go". "Ich hätte beinahe hingeschmissen." Sie habe diesen Song gesungen, nachdem sie beim ersten Versuch gestürzt war. Das habe ihr Kraft gegeben, erklärte die 25-Jährige. Ogunleye hat glücklicherweise nicht aufgegeben, weder nach dem Sturz im Finale, noch nach zwei Kreuzbandrissen als Nachwuchstalent. Der Kehrvers lautet: „So I'm here today because God kept me. I'm alive today only because of His grace. Oh, He kept me, God kept me. He kept me, God kept me.“

Im heutigen Evangelium, einem Abschnitt aus der so genannten Brot-Rede in der Synagoge von Kafarnaum, in der sich Jesus vor seinem Volk offenbart, in der er zum ersten Mal öffentlich nach dem Zeichen der Brotvermehrung und dem Seewandel, seine Botschaft und seine Sendung darlegt, spricht Jesus von seiner Sendung vom Vater. Er sagt, dass seine Liebe lebensnotwendig ist für die Menschen, wie das Brot vom Himmel in der Wüste, das die Israeliten gegessen haben. Denn er schenkt das wahre, das ewige Leben: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot ist, wird in Ewigkeit leben.“ (Joh 6,51)

Aber wie kommen die Menschen dazu, an ihn zu glauben? Warum wollen Menschen dieses Brot empfangen? Warum wollen sie seine Botschaft hören? Warum bekehren sich Menschen? Was ist ihre Motivation, an Jesus zu glauben und ihm nachzufolgen? Ist es die Suche nach Wahrheit? Oder der Wunsch nach Leben? Hat es mit einer Hoffnung zu tun, oder eher mit Liebe? Geht es darum, die christlichen Werte zu leben oder zu einer Gemeinschaft zu gehören?

In der Brot-Rede gibt Jesus einen Hinweis darauf, dass für ihn der Glaube alles andere als selbstverständlich ist: „Niemand wird zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht.“ (Joh 6,41) 

Der Glaube, das wird in diesen Texten angedeutet, ist nicht in erster Linie eine freie Entscheidung des Menschen, sondern die Initiative geht von Gott aus, der zieht. Ist das unfair? Es ist jedenfalls eine Spannung in dem Text, auf die ich Sie hinweisen möchte. 

Das alte Wort dafür ist Gnade. Der Glaube als ein unverfügbares Geschenk. Schon die Vorbereitung des Menschen auf den Empfang der Gnade ist ein Werk der Gnade (KKK 2001) Der heilige Augustinus sagt: „Gott beginnt, in dem er bewirkt, dass wir wollen. Er vollendet, indem er mit unserem schon bekehrten Wollen mitwirkt.“

Wir sind fähig und frei, eine Antwort, auf das Handeln Gottes zu geben. Wir können ihn erkennen, unser Herz und unser Leben für ihn öffnen, das Leben empfangen, dass er in Jesus Christus schenkt. Er selbst hat die Sehnsucht nach dem wahren und guten Leben in uns hinein gelegt, und er bewirkt bzw. ermöglicht durch seine Gnade, dass wir auf ihn hören können: vor aller Leistungen trotz aller Schuld. Der Glaube ist also das Zuvorkommen Gottes und unsere freie Antwort darauf.

Wenn unser Glaube ein Geschenk ist, dass liegt es letztlich nicht in unserer Hand, ob andere Menschen glauben. Wie die heilige Bernadette Soubirous nach ihrer Vision in Lourdes dem zuständigen Bischof von Tarbes sagte: „Ich bin damit beauftragt worden, es Ihnen zu sagen, nicht, Sie davon zu überzeugen (bzw. wörtlich „de vous faire croire“: ihnen den Glauben daran zu vermitteln)!“

Der freie Wille des Menschen gehört dazu. Der Akt des Glaubens ist eine bewusste Entscheidung und damit abhängig von der menschlichen Mitwirkung, wie etwa einer richtigen und vernünftigen Unterweisung. Auch eine Reform der Kirche, die Beseitigung von Missständen und sündigen Gewohnheiten, die falsche Ansichten aufkommen lassen, kann dazu helfen, aber sie wird nicht automatisch gedankenlose Christen in „geistliche“ Katholiken verwandeln. Der Kern bzw. das Lebendige der Kirche ist die unergründlichen Beziehung zwischen Gott und seinen Erwählten.

Was bedeutet das nun für uns? Drei Punkte

1/ Wenn wir einen lebendigen Glauben in uns haben, wenn wir zu Gott beten können und in Jesus Christus einen Sinn und eine Orientierung für unser Leben sehen, dann dürfen wir Gott jeden Tag und aus ganzem Herzen danken, dass er uns dieses „Lebensmittel“ geschenkt hat. Das ist alles andere als selbstverständlich!

2/ Wenn wir uns manchmal geistlich ausgetrocknet fühlen, wie abgeschnitten von der Liebe Gottes, dann können wir mit unserer Sehnsucht nach Glaube, Liebe, Hoffnung versuchen, mehr auf Gott zu hören, uns zu ihm zu bekehren, seine Wahrheit zu sehen. Und darum beten, dass er uns anrühre wie Elija in der Wüste, dass in uns die Gnade der Berufung erneuere. „Machen“ können wir’s nicht, aber achtsam sein darauf und zustimmen, unsere Antwort geben, aus freiem Willen und mit den notwendigen Konsequenzen: aufzustehen und weiterzugehen!

3/ Schließlich sollten nie über einen anderen Menschen urteilen, nicht mal über uns selbst, ob wir das Geschenk des Glaubens endgültig empfangen haben oder nicht. Ob Sie oder Sie oder Sie oder ich in Gottes Gnade stehen oder nicht. Die Gnade ist übernatürlich, sie entzieht sich unsere Erfahrung, sie ist nicht allein in Gefühlen oder in Werten zu fassen. „An den Früchten wird man sie erkennen.“, sagt Jesus: an unserem Lebensstil. Das Verhalten eines Menschen können wir beurteilen, wie sehr er von Gott geliebt ist, ist das sein Geheimnis bzw. das Geheimnis Gottes, der diesem konkreten Menschen jetzt und hier das Leben schenkt, das Leben hier auf Erden und das ewige Leben. Amen.



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