Predigt Vierter Adventssonntag C 2024 | Hamburg, Manresa – Klein und Groß
Les: Mi 5,1-4a; Hebr
10,5-10; Lk 1,39-45
Der Kontrast könnte nicht größer sein: Einerseits die Freude, die uns heute in den biblischen Texten kurz vor Weihnachten begegnet. Sie sprechen von Frieden. Und andererseits die Trauer und die Furcht, die Deutschland nach dem Anschlag in Magdeburg am vergangenen Freitag ergriffen hat.
In der Mitte steht ein
Wort aus dem Hebräerbrief: Keine weiteren Opfer mehr, bitte! Keine Schlacht-
und Speiseopfer mehr, keine Brand- und Sündopfer; keine Opfer von Anschlägen
und Terrorangriffen, keine Opfer von Krieg und Gewalt, keine Opfer von Hass und
Fremdenfeindlichkeit, keine Opfer von Rache mehr, bitte! Sondern einfach den
Willen Gottes tun. So einfach ist das. Und so klar. Und doch offenbar so
schwierig.
Wie kann in dieser Welt Frieden
werden? Hören wir heute auf die Worte der Bibel, der Heiligen Schrift, wie der
Friede in diese Welt kommt!
Predigt:
1/ Eines der bekanntesten englischen Weihnachtslieder beginnt mit dem Vers: „Oh Little Town of Bethlehem“. Bethlehem, die Geburtsstadt Jesu, war wirklich eine kleine Stadt. Sie liegt etwa 10 km südlich von Jerusalem im Gebiet Juda und war ursprünglich bedeutsam, denn es war der Heimatort des Königs Davids. Das ist allerdings damals schon fast 1000 Jahre her und Bethlehem war zur Zeit Jesu eine kleine Stadt von etwa 1000 Einwohnern. Ein Marktplatz, wenige öffentliche Gebäude. Es war wirklich nicht bedeutsam, jedenfalls nicht im Vergleich mit der großen Stadt Jerusalem, die etwa 50.000 Einwohner hatte. Bethlehem-Efrata ist für Jerusalem ungefähr das, was Henstedt-Ulzburg für Hamburg ist! Es gibt Leute, die da wohnen, aber sonst ist da eigentlich nichts los.
Doch der Prophet Micha
kündigt dieser kleinen Stadt Bethlehem etwas Großes an, den Messias, den
Herrscher über Israel. Ein Nachkomme Davids, aber seine Ursprünge liegen in
ferner Vorzeit, d.h. in der Geschichte Gottes mit seinem Volk, als Gott ihm
noch nahe war. Der, der kommen wird, wird auftreten und für das Volk Israel ein
guter Hirte sein, der in der Kraft Gottes der Welt den Frieden bringt, der
ganzen Welt! Er wird retten vor aller Gewalt. Sie werden in Sicherheit wohnen
und in Frieden! „Er wird der Friede sein“. Welch eine Verheißung. So eine
kleine Stadt und so eine großartige Verheißung.
2/ Im Evangelium haben wir gehört, dass sich Maria auf den Weg zu ihrer Verwandten Elisabeth machte. Sie ging zu ihr, weil der Engel Gabriel ihr kurz zuvor eine völlig ungewöhnliche und unerwartete Schwangerschaft verkündet hat. Er hat ihr die Geburt Jesu angekündigt. Als Zeichen für das besondere Wirken Gottes hat er ihr die ungewöhnliche Schwangerschaft ihrer Verwandten Elisabeth als genannt, die noch in hohem Alter ein Kind erwartete. „Denn für Gott ist nichts unmöglich.“ (Lk 1,37)
Maria geht zu Elisabeth: Möchte
sie prüfen, was der Engel gesagt hat? Oder ist ihre eigene Freude so groß, dass
sie sich zusammen mit ihrer Verwandten über den unverhofften Nachwuchs freuen
will? Oder möchte sie in der Zeit der Schwangerschaft für Elisabeth da sein und
ihr helfen? Es ist jedenfalls nur dieses eine kleine Wort des Engels, dass
Maria auf dem Weg nach Juda bringt.
Maria grüßt die ältere Elisabeth
und in dem Moment hüpft das Kind im Leib von Elisabeth. Elisabeth freut sich.
Der kleine Johannes, obwohl noch im Mutterleib freut sich. Elisabeth wird vom Heiligen
Geist erfüllt und begreift, ohne dass Maria irgendetwas erklären müsste, welch
besonderer Moment das gerade ist, dass nämlich nicht nur sie schwanger ist,
sondern dass auch Maria schwanger ist und dass sie die Mutter ihres Herrn die
Mutter Gottes wird.
Es ist ein kleines
Zeichen, diese Freude der Mutter und des Babys, und es ist eine kleine
Begegnung unter Frauen, irgendwann vor 2000 Jahren, und doch ist in diesem
Moment zum ersten Mal das Zeichen göttlicher Allmacht und Größe für andere
Menschen offenbar, die Ankunft des Erlösers als Mensch. Elisabeth segnet Maria:
„Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“
(Lk 1,42).
3/ Kleine Zeichen, große Wirkung. In dieser Welt scheinen Hass und Gewalt grenzenlos und angesichts der Aufgaben und der Herausforderung verzweifeln viele Menschen. Furcht greift um sich. Wir bauen Mauern und Zäune, um uns zu schützen. Die Politiker greifen zu großen Gesten und zu großen Waffen. Doch das ist nicht der Weg zum Frieden. Der Frieden beginnt klein, im Kleinen, mit kleinen Zeichen, auf die wir achten sollten und denen wir vertrauen sollten. Selig ist die, die geglaubt hat, was der Herr ihr sagen ließ.
Als ich heute früh in St.
Annen die hl. Messe feierte, flog während der Predigt ein Schmetterling durch
den Raum, der sich offenbar im Weihnachts-Baum versteckt hatte. Welch eine
wunderbare Veranschaulichung von dem, was ich sagen wollte. Physikalisch kennt
man den Schmetterlingseffekt. Er beschreibt genau dies, dass kleine Veränderungen
eine große Wirkung haben können. Ein Flügelschlag eines Schmetterlings im
Amazonasgebiet kann einen Wirbelsturm bei uns auslösen. Das ist nicht neu.
Und ja, auch kleine
Gesten des Hasses und der Gewalt können große Wirkungen haben. Ein Verrückter
genügt, damit 5 Menschen sterben, 200 verletzt sind und ein ganzes Land in
Trauer und Angst versinkt. Das ist schlimm, aber kein Zeichen Gottes!
Gott möchte keine Opfer!
Keine Schlacht- und Speiseopfer mehr, keine Brand- und Sündopfer; keine Opfer
von Anschlägen und Terrorangriffen, keine Opfer von Krieg und Gewalt, keine
Opfer von Hass und Fremdenfeindlichkeit, keine Opfer von Rache mehr, bitte!
Sondern einfach, dass wir seinen Willen tun und auf seine Zeichen achten und
ihnen trauen. So einfach ist das. Und so klar. Und doch offenbar so schwierig.
Weihnachten, das ist das
kleine Kind in der Krippe, dass den Frieden bringt für die ganze Welt. Denn für
Gottes nichts unmöglich. Die Spannung zwischen klein und groß ist da,
vielleicht auch manchmal der Glaubens-Zweifel, aber vor allem auch die
Ermutigung, dass die kleinen Worte und Gesten eine große Wirkung haben können,
wenn sie in Gottes Geist geschehen.
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