Montag, 10. April 2023

Vom Sehen zum Glauben

Sonnenaufgang


Predigt Ostersonntag A 2023 – Manresa | Hamburg – mit Erwachsentaufe

Les: Apg 10, 34a.37-43; Kol 3,1-4; Joh 20,1-18 – „Vom Sehen zum Glauben“

Du Gott des Lebens. Durch deinen Sohn Jesus Christus hast du das Dunkel des Todes für immer erhält. Weck uns auf. Erhelle unseren Verstand. Er leuchte die Augen unseres Herzens. Lass uns aufschauen zu deinem Licht. Damit wir erkennen, zu welcher Hoffnung wir berufen sind.


1/ Ostern ist das Fest der Erinnerung. 

Die ersten Christen haben sich gegenseitig erzählt, was sie in diesen Tagen, als Jesus in Jerusalem gekreuzigt wurde, erlebt haben und was danach geschah. 

In der Lesung aus der Apostelgeschichte haben wir gehört, wie Petrus in seinen Predigten in Caesarea am Meer damals gepredigt hat. Es ist im Grunde nur eine Aufzählung von Ereignissen und Deutungen, die er in Erinnerung ruft. „Wir sind Zeugen für all das, was Gott in Jesus Christus zum Heil der Menschen gewirkt hat.“

Ich kann mir gut vorstellen, wie die Jünger Jesu, abends beim Sonnenuntergang zusammen saßen, bei einem guten Glas Wein, und sich immer wieder erzählten, was sie damals erlebt hatten. Gemeinsame Erinnerungen. Petrus und Johannes zum Beispiel, von denen wir im Evangelium gehört haben. Sie werden es den anderen erzählt haben, wie sie am ersten Tag nach dem Sabbat früh morgens von Maria Magdalena aufgescheucht wurden, weil sie das Grab leer vorfand, weil der Leichnam verschwunden war. Wie sie damals zum Grab liefen, der eine schneller, der andere langsamer, auf das eine Ziel zu, auf der Suche nach Jesus. Und wie sie am leeren Grab standen und viele Fragen hatten. Und wieder nach Hause gingen, irritiert, wenn nicht sogar verstört. 

Petrus war es gewesen, der als erster hinein ging, obwohl er später kam. Johannes war schneller als Petrus, aber er geht nach Petrus hinein, und er sah und glaubte. Er weiß nicht mehr als Petrus, er weiß noch nichts von der Auferstehung, aber er ahnt oder vertraut. Ein Beispiel für uns. Er öffnet sich innerlich für Gott, der Leben schenkt. So verstehe ich „er sah und glaubte“.

Ostern ist das Fest der Erinnerung. Wie Petrus und Johannes nach Ostern von ihrem Weg zu Jesus erzählt haben, vom Weg zum Grab vom Weg, vom Sehen zum Glauben, so können auch sie, die heute getauft werden, erzählen: von ihrem Weg zum Glauben, der eine schneller, der andere langsamer, von ihrer Suche nach der Bedeutung Jesu in ihrem Leben, in der Gemeinschaft der Kirche. 

Wenn Menschen zu mir kommen und nach der Taufe fragen, dann beginne ich das Gespräch meist so: „Was hat sie hergeführt?“ Dann erzählen Sie von den Wegen, von den Begegnungen und Menschen, von der Suche und ihrer Hoffnung. Wie es einen Moment gab in ihrem Leben, bei fast allen, wo sie vom Sehen zum Glauben kamen, obwohl sie noch nicht alles in den Heiligen Schrift verstehen oder deuten konnten. 

Ostern ist das Fest der Erinnerung. Heute an ihrer Taufe, bringen Sie auch ihre Glaubensgeschichte mit, wie der Herr sie geführt hat, bis hierher, an ihrer Seite war, und sie wussten es nicht.

2/ Ostern ist das Fest der Verwandlung. 

Maria Magdalena hat das als erste erkannt und verstanden, erfahren. Sie stand am Grab und weinte, voller Trauer und gefangen im Schmerz des Abschieds, traurig; vielleicht traurig über das, was alles hätte in ihrem Leben anders sein können; oder traurig über das, was alles in ihrem Leben mit Jesus noch hätte alles geschehen können und nicht mehr sein würde; oder einfach traurig über den schmerzvollen Tod des geliebten Menschen. Doch in dem der Herr sie beim Namen ruft, erkennt sie seine Stimme, erkennt sie ihn als den Lebendigen. Sie sieht ihn, sie lebt in der Gegenwart, im Hier und Jetzt. 

In der Taufe wird Ihnen alle Schuld vergeben. Da geschieht Verwandlung. Das, was vorher war, wird gewandelt, weil der Schmutz abgewaschen wird und das Bad der Reinigung den neuen Menschen erstrahlen lässt. 

Wie viele Menschen haben sich in ihrer Geschichte und ihrer Traurigkeit verfangen. Sie denken an all das, was hätte sein können, besser sein können, anders sein können. Sie sehen nicht das Gute, das Leben, das sie geschenkt bekommen, sondern sie verlieren sich in Traurigkeit und Einsamkeit und Angst. Sünde ist all das, was uns von Gott absondert, was uns vom Leben trennt.

In der Taufe sagt Gott: Das soll nicht mehr zwischen uns stehen. Er ruft dich beim Namen, und du darfst antworten, Rabbuni, ja ich glaube. Da geschieht innerlich Verwandlung!

3/ Ostern ist das Fest der „ersten Generation“. 

Die ersten Christen waren sich sehr bewusst, dass in ihrem Leben etwas sehr Besonderes stattgefunden hat. Paulus sagt es im Kolosserbrief, aus dem wir gerade auch die Lesung gehört haben, so: „Christus ist der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.“ Was meint er damit? Mit Jesus beginnt etwas Neues! Alle, die mit Christus leben, haben Anteil an dieser neuen Schöpfung, dem Reich Gottes, wie Jesus es auch genannt hat. 

„Ihr seid mit Christus auferweckt.“ „Ihr seid gestorben.“ „Euer Leben ist in Gott.“ - Deutlicher geht es nicht! Paulus will zeigen, dass jetzt schon etwas Neues begonnen hat. Die Christen damals, Petrus und Johannes, Maria Magdalena und all die anderen, waren sich dessen bewusst. Ihnen war klar: Sie gehörten nicht zur letzten Generation, die noch etwas mit Jesus erlebt hat und die noch hätte etwas ändern können an der Gewalt und der Zerstörung, an der Friedlosigkeit der Welt, sondern sie gehörten zur „ersten Generation“, die etwas miterlebt hat, das Leben für viele schenkt. Diese erste Generation kann etwas ändern an der Gewalt und der Zerstörung, an der Friedlosigkeit und Ungerechtigkeit der Welt, weil für sie das neue Leben schon begonnen hat, mit Jesu Auferstehung. 

Klar, es ist noch nicht für alle sichtbar. Irgendwann wird es offenbar in „Herrlichkeit“, d.h. mit Pauken und Trompeten, vor aller Welt, für alle offensichtlich. Doch jetzt schon hat es begonnen, weil Jesus zum Vater geht. 

Für sie, die heute getauft werden, ist dieses Fest hoffentlich nicht das Ende Ihres Glaubensweges, sondern erst der Anfang. Sie werden hinein getauft, in eine Kirche, die alles andere als Glanz und Gloria verbreitet, die nicht machtvoll Auftritt, die sich der eigenen Sünden bewusst ist und hoffentlich daran lernt, die um Vergebung bitten muss, die sich verändert und Antworten neu suchen muss; in einer Welt, in der die christliche Kultur nicht mehr selbstverständlich ist und in der Gewalt und Zerstörung herrschen. Doch ohne Angst (sie erinnern sich: Verwandlung!), dürfen Sie in der Kirche beginnen, in der Gemeinschaft der Glaubenden bezeugen, dass die Liebe stärker ist als der Tod, dass das neue Leben mit Jesus begonnen hat. Ostern ist das Fest der „ersten Generation“! Und wir gehören dazu, jetzt wo wir uns erinnern und verwandeln lassen. Amen.


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