Predigt 2023 – Dreifaltigkeit Les: Ex 34, 4b.5–6.8–9; 2 Kor 13, 11–13; Joh 3, 16–18
Menschen suchen Orientierung in ihrem Leben, in der Welt. Der Glaube schenkt Orientierung. Er ist wie ein Kompass auf unserem Weg. Genauer: Gott selbst schenkt Orientierung durch Jesus Christus, im Heiligen Geist. Das feiern wir am Dreifaltigkeitssonntag. Gott ist einer – und er ist unsere Orientierung. Christen beten seit jeher „ad orientem“, d.h. nach Osten hin: orientiert auf den Lebendigen, der uns das Leben schenkt.
Heute, am Dreifaltigkeitssonntag,
möchte ich zu zwei Fragen Stellung beziehen, die mir immer wieder in
Glaubensgesprächen und Kursen gestellt werden und die beide mit unserem
Gottesbild, mit dem christlichen Gottes-Verständnis zu tun haben.
1/ Die erste Frage betrifft das
Gottesbild im Alten und im Neuen Testament. Der Gott, den Jesus Vater nennt und
von dem er sagt, dass er den Heiligen Geist senden wird, ist ein Gott, der uns
durch Liebe rettet. Oft stellt man nun den Gott der Liebe des Neuen Testaments
dem Gott der Furcht im Alten Testament gegenüber. Doch das ist falsch. Gott ist
derselbe. Wir, die Menschen, allerdings erkennen ihn mehr und mehr. Im Laufe
der Geschichte schreiten wir voran zu einem besseren Verständnis Gottes bis hin
zur endgültigen und unwiderruflichen Offenbarung Gottes in Jesus Christus.
Es gibt im Alten Testament
verschiedene Gottesbilder, die nebeneinander stehen, auch Bilder, die uns
verstören, von der Gewalt Gottes, der die Feinde besiegt und Ehrfurcht
gebietend auftritt. In Ps 29 z.B. wird erzählt, wie die Stimme des Herrn
donnert, voller Kraft die Zedern zerbricht und die Wüste beben lässt.
In der Lesung haben wir vom
Gottesbild des Mose aus dem Buch Exodus gehört: „Der Herr ist ein barmherziger
und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue.“ So hat sich Gott dem
Mose am Sinai offenbart. Mose hat Gott als einen barmherzigen und gnädigen Gott
erfahren, dessen Treue zu seinem Volk bestimmender ist als seinen Zorn. Dieser
Gott, der sich den Menschen zu wendet und bei Ihnen ist, begleitet sein Volk
auf seinem Weg in die Freiheit. JHWH ist sein Name. „Ich bin da“ - mit euch und
für euch da und ich weiß, dass nur die Liebe und die Vergebung eure harten
Herzen erreichen.
Im Verlauf der Heilsgeschichte
erkennt das Volk Israel seinen Gott mehr und mehr. Schon bei den Propheten, wie
bei Jesaja, wird ein Gottesbild entfaltet, das Jesus dann aufnehmen und mit
seinem eigenen Leben so bezeugen wird, dass darin für die Menschen Gott als
eindeutig für den Menschen entschiedene Liebe erfahrbar wird.
Doch Jesus bietet eine Lesart,
eine Interpretation und Vertiefung des Gottesbildes Israel an: in Gott ist nur
Licht und keine Dunkelheit. Gott will nur und immer das Gute für den Menschen,
er ist ihm in Liebe zugeneigt.
Man sollte also nicht das
Gottesbild des AT und des NT gegenüberstellen, sondern im AT selbst gibt es
verschiedene Gottesbilder. Jesus vertieft und hebt eines hervor. Ohne das AT
ist das NT nicht zu verstehen. Wir lesen das AT vom NT und entdeckten, wie zum
Beispiel hier bei Mose, was auch Jesus über Gott gesagt hat.
2/ Die zweite Frage betrifft die
Inspiration der Bibel. Wir glauben: Die Bibel ist inspiriert, d.h. die Texte wurden
von menschlichen Verfassern, unter dem Anhauch des Heiligen Geistes
geschrieben. Es sind Erfahrungen von Menschen mit Gott. Insofern kann man
sagen: Gott ist der Autor der Bibel, im Heiligen Geist.
Eine Frau fragte mich vor kurzem:
Jesus hat den Heiligen Geist verheißen und gesendet, das bedeutet doch: der Heilige
Geist kommt erst nach Jesus. Wenn Jesus weg ist, dann sendet er den Heiligen
Geist. So sagt es Jesus tatsächlich als Trost für seine Jünger! Aber das
bedeutet nicht, dass es den Heiligen Geist nicht schon vorher gab.
Gott ist dreifaltig von Beginn an:
Vater, Sohn und Heiliger Geist. Doch was bedeutet von Beginn an? Gott ist nicht
erst Vater beziehungsweise Sohn in dem Moment, als Jesus Christus als Mensch
geboren wird, sondern vor der Erschaffung der Welt.
Nun ist allerdings sein die Zeit
und die Ewigkeit. Das heißt: die Zeit ist geschaffen. Gott ist ewig und in
diesem Sinne zeitlos. Aber er ist in seinem Sohn in die Zeit gekommen. Gott hat
seinen Sohn in die Welt gesandt, und er wurde Mensch, hat Fleisch angenommen.
Der Sohn ist derselbe beim Vater und als Mensch auf der Erde, Gott. Der Geist
ist derselbe, bei der Erschaffung der Welt, im Leben Jesu, nach der
Auferstehung, als Beistand der Jünger.
Alle Schriften der Bibel haben
Gott Vater Sohn und Geist als Autor. Deshalb sind auch alle Schriften in der
Bibel inspiriert, nicht nur die neutestamentlichen Schriften. Und sie alle sind
inspiriert, auch wenn sie unterschiedlich sind, weil sie Erfahrungen von
Menschen mit Gott widerspiegeln.
3/Welche Bedeutung hat das nun
für uns Menschen, dass Gott sich im Verlauf der Heilsgeschichte offenbart und
endgültig in Jesus Christus - als der Gott, der die Welt so sehr geliebt hat?
Und welche Bedeutung hat es für uns, dass Gott als Heiliger Geist die Schrift
inspiriert hat und uns in ihr begegnet?
Gott wirkt für uns immer als der
eine und dreifaltige Gott, der Vater durch den Sohn im Heiligen Geist. Gott ist
einer, ein Wesen. Es ist nicht, so dass erst der Vater etwas wirkt, ein anderes
Mal der Sohn, und ein anderes Mal der Geist. Es gibt keine göttliche
Arbeitsteilung, keinen Schichtdienst im Himmel. Wenn wir zu den
unterschiedlichen Personen beten, mal zum Vater, mal zum Sohn, mal zum Heiligen
Geist, dann ist das unsere Sichtweise oder Perspektive auf Gott.
Gott wirkt als der Vater durch
den Sohn im Heiligen Geist, und er wirkt unsichtbar in Liebe. Man kann es
vielleicht mit dem Kompass vergleichen. Es gibt ein großes, unsichtbares und
für uns Menschen, nicht mit unseren Sinnen wahrnehmbares Magnetfeld der Erde.
Das wirkt auf eine Kompassnadel, die selbst im Grunde ein kleiner Magnet ist
und ein Magnetfeld hat. Im Magnetfeld der Erde richtet sie sich aus. Die
Analogie ist: Gott ist diese Magnetkraft, der Sohn das Magnetfeld, dass diese
Kraft vermittelt und der Heilige Geist in uns die Kompassnadel, d.h. der Magnet
in uns, der in Wechselwirkung steht und uns ausrichtet auf Gott hin.
Das ist jetzt nur ein
unvollkommener und technischer Vergleich, aber er macht deutlich: der Vater
wirkt durch den Sohn im Heiligen Geist. Der Vater wirkt nicht ohne den Sohn und
die Weise ist die der Anziehung der Attraktivität, der Gnade, der Zuwendung,
der Liebe.
Der Evangelist Johannes macht
dieses Wirken in seinen Bildern besonders deutlich: lieben und schenken
beziehungsweise senden. Das sind die Verben, das ist die Weise des Wirkens der
Dreifaltigkeit in dieser Welt, für uns im Glauben. Wenn wir uns darauf
einlassen, werden wir gerichtet, ausgerichtet auf ihn hin. Amen.
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