Mittwoch, 31. Januar 2024

Zugeneigt

Foto: Achim Pohl / SJ-Bild 2005

"Ronchamps in Holsterhausen"

Das Marienbild „Mutter mit dem geneigten Haupt“ in der Kirche St. Ignatius in Essen-Holsterhausen ist der Abzug eines Kupferstichs, der als Kopie eines Wiener Gnadenbildes um 1680 dem Ursulinenkloster in Landshut geschenkt wurde. Zunächst war der Kupferstich in Landshut ein bloßes Andachtsbild. Doch schon bald mehrten sich die Berichte über erwiesene „Gutthaten“, so dass das Bild im Jahr 1699 auf dem Hochaltar der Klosterkirche Landshut zur Verehrung aufgestellt wurde. Es machte Landshut für ein Jahrhundert zu einem berühmten Wallfahrtszentrum.

Pater Martin Schwarz SJ nahm einen Abzug des Bildes 1752 aus seiner bayrischen Heimat mit nach Südamerika, in die Indianermission an der Amazonasmündung in Brasilien. Er blieb nur wenige Jahre dort, denn der portugiesische Premierminister Marquês de Pombal suchte im Geist der Aufklärung die zentralistische Staatsgewalt zu stärken und ging deshalb gegen die Vorrechte des Klerus vor, auch in den Missionen. Ein missglücktes Attentat auf den König 1758 diente schließlich als Vorwand für die Ausweisung der Jesuiten am 3.9.1759 aus Portugal und Brasilien.

Im Jahr 1760 wurde Pater Schwarz zusammen mit anderen Jesuiten in die Hafenfestung São Julião da Barra in der Tejo-Mündung vor Lissabon interniert. Insgesamt 124 Jesuiten wurden zwischen 1759 und 1772 in dieser Festung eingekerkert, ohne je gerichtlich verhört worden zu sein. Wenn die Gefangen aus dem Orden ausgetreten wären, hätten sich die Kerkertore für sie geöffnet. Zahlreiche Jesuiten starben in der Haft.

Als Pater Meisterburg 1762 in einem ergreifenden Gebet die Muttergottes zu ihrem Festtag am 8. September um Hilfe angefleht hatte, wurde das „Unmögliche“ möglich! Kurz darauf konnten die Eingekerkerten heimlich die hl. Messe feiern. Sie betrachteten dies als wunderbare Erhörung und erhoben das Marienbild zum Altarbild, „vor dem nachts viele heilige Messen gelesen wurden“. Es gab überraschende Heilungen, ungeahnten Tröstungen und vor allem sühnende Leidensbereitschaft.

Nach dem Sturz Pombals 1777 wurden die letzten fünf Gefangenen befreit, darunter auch Pater Schwarz. 45 Jesuiten hatten die bis zu 18 Jahren dauernde Haft überstanden; 37 waren gestorben, die übrigen waren vorzeitig entlassen worden. Keiner war abgefallen. Pater Schwarz kehrte in seine Heimat zurück und brachte das Gnadenbild mit, über München und Altötting nach Amberg, wo er 1788 starb. Das Bild vermachte er seiner Nichte Hofrätin Hilterperger. Von ihr kam es zu Therese von Rheinl, von dieser 1871 zu P. Andreas Ehrenberger SJ in Regensburg und dann, noch im gleichen Jahr, an das Provinzialat der Deutschen Provinz der Jesuiten nach Köln. 1936 holte es P. Friedrich Vorspel als Dauerleihgabe nach St. Ignatius in Essen-Holsterhausen, wo es bis heute verehrt wird. 

Welche Gnaden wird das Bild Mariens mit dem geneigten Haupt in Zukunft den Gläubigen vermitteln? Die Jesuiten haben die Essener Residenz an Sankt Ignatius 2012 aufgegeben. Heute ist der Turm der Kirche abgetragen, die Orgel verkauft. Noch beten Menschen zur Mutter mit dem geneigten Haupt: „Dich als Mutter zeige, / o Maria hilf, gnädig uns zuneige, / o Maria hilf!“ (GL 524,5)

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