Predigt 22. Sonntag im Kirchenjahr C – 2025 Kleiner Michel 19 Uhr
Les: Sir 3,17-18.20.28-29; Hebr 12,18-19.22-24a; Lk
14,1.7-14
Im Evangelium nach Lukas lassen sich einige große Linien ausmachen, Themen oder besser: Haltungen, die seine Perspektive auf Jesus Christus und das, was Gott uns mit ihm geschenkt hat, eröffnen. Es sind dabei drei Motive, die immer wiederkehren, wie in einer großen Sinfonie bestimmte Klangfolgen, die auftauchen und den Zusammenhang verdeutlichen. Es sind drei Wort Paare, die jeweils ein Motiv kennzeichnen: suchen und finden, bitten und empfangen, anklopfen und öffnen.
1/ Das bekannteste Motiv ist das
vom „suchen und finden“ bzw. „gefunden werden“. Fallen Ihnen spontan einige
Gleichnisse dazu ein? Das verlorene Schaf aus der Herde und die verlorene Drachme,
die wieder gefunden wird (Lk 15). Der verlorene Sohn, der vom barmherzigen
Vater wiedergefunden wird. Und schließlich der Zöllner Zachäus, bei dem Jesus
zu Gast ist. Diese Geschichte, am Ende des Weges Jesu nach Jerusalem, endet mit
dem Satz: „Denn der Menschensohn ist gekommen zu suchen und zu finden, was
verloren ist.“ (Lk 19).
Viele Menschen sind auf der Suche
nach Glück, nach Sinn, nach Erfüllung. Für Lukas ist es wichtig, dass wir
selbst uns auf die Suche begeben, vor allem aber, dass wir von Gott gefunden
werden. Uns finden zu lassen, aus der Komfortzone heraus gehen, altes loslassen
und sich für Neues öffnen: Das ist die Haltung, die zum Gottes Reich passt.
2/ Das zweite Motiv: „bitten und empfangen“.
Dieses Motiv klingt vor allem beim Thema Gebet an. Jesus selbst bittet immer
wieder. Er zieht sich zum Gebet zurück. Dass man beharrlich bitten soll, wie
ein Freund zu einem Freund spricht, ja sogar wie eine nervige Witwe vor dem
Richter oder wie ein sündiger Zöllner, ganz einfach hinten im Tempel, mit einem
einfachen Satz: Dazu ermutigt Jesus seine Jünger immer wieder!
Ehrfurcht sollen sie haben, aber
keine Scheu. Sie sollen sagen, was notwendig ist. Bitten bedeutet, das zu
formulieren, was ich jetzt gerade wünsche und brauche. Viele denken immer: Gott
weiß doch eh‘ schon alles! Warum soll ich die Dinge noch extra formulieren? Ja,
er weiß es, aber eine Bitte verändert uns, sie öffnet uns, macht uns
verletzlich.
Schon einige Male habe ich von
meinem Pilgerweg erzählt, als wir im Noviziat ohne Geld gepilgert sind, das war
das eine sehr eindrückliche Erfahrung: zu betteln, d.h. andere um das nötigste
zu bitten. Das hat Überwindung gekostet, vom stolzen Ross herunter, aber es
bringt ihm die Begegnung. Ich habe Menschen kennengelernt, den ich sonst nie
begegnet wäre und ich bin in einer Offenheit und Freiheit gekommen, die ich
vorher nicht gekannt habe. Wer selbst nichts in den Händen hat, hat die Hände
offen für andere.
3/ Und schließlich das dritte
Motiv: „anklopfen und öffnen“. „Wenn die Hoffnung leise anklopft“: Hören, wenn
Jesus an die Tür des Herzens klopft und ihm dann öffnen. Den Mut haben, selbst hinauszugehen,
Begegnungen zu suchen, ohne zu wissen, was passiert. Bei Lukas geht Jesus viele
Male zu anderen Menschen und ist bei Ihnen zu Gast. Er war eingeladen, bei
seinen Freunden: Martha und Maria, bei Simon, dem Pharisäer. Er war eingeladen
bei den Zöllnern und Sündern wie Zachäus oder Levi oder, wie in diesem Abschnitt,
bei einem „führenden Pharisäer“. (Lk 14)
Als Jugendliche waren wir oft als
Sternsinger unterwegs und haben an Türen geklopft. Die Leute haben uns
teilweise erwartet, mit einem heißen Kakao an kalten Regentagen. Teilweise
waren sie überrascht. Teilweise haben sie auch die Tür vor uns geschlossen.
Anklopfen ist immer ein bisschen mit Mut verbunden und mit Großzügigkeit, sich nämlich
auf das einzulassen, was mich dann erwartet.
Drei Motive, drei Haltungen, die
nicht dem entsprechen, was wir sonst in dieser Welt lernen und vermeintlich
brauchen. Statt zu suchen und zu finden: einfach neu kaufen! Statt zu bitten
und zu empfangen: einfach selbst machen! Statt anzuklopfen und geöffnet zu
bekommen: einfach mit dem richtigen Schlüssel reingehen! Macht und Können, Wissen
und Geld, Selbstbehauptung und Ansehen - darum geht es doch! Wie anders ist da
die Lebensweise Jesu?!
Bei dem Besuch im Haus des
Pharisäers, von dem wir gerade im Evangelium gehört haben, versucht Jesus
deutlich zu machen, um welche Haltungen es im Reich Gottes geht. Er erzählt
dazu zwei Gleichnisse. Darin geht es nicht um die Tischsitten, sondern um die
Haltungen, die mit der Gastfreundschaft verbunden sind.
Die Gastfreundschaft ist ein privilegierter
Ort, an dem wir schon einen Vorgeschmack bekommen von dem, worum es im Reich
Gottes geht. Denn bei Begegnungen mit anderen Menschen, wie sie geschehen, wenn
wir irgendwo eingeladen sind oder andere einladen, zeigt sich viel von dem, wie
wir innerlich unterwegs sind. Es lässt sich nicht verbergen! „Die Demut besteht darin, zu wissen, dass es
in dem, was man „ich“ nennt, keinerlei Energiequelle gibt, die es ermöglichen
würde, sich zu erheben.“ (Simone Weil, pesanteur et grace)
Hier in der Gemeinde am Kleinen
Michel initiiert das Gemeindeteam seit einigen Monaten das Projekt
„Gastfreundschaft plus“. Es geht darum, Menschen einzuladen, die sich sonst
vielleicht nicht begegnen würden, und einen besonderen Gast, der etwas von seinem
Leben erzählt und auf diese Weise das gemeinsame Abendessen bereichert.
Einige Gastmähler haben schon
stattgefunden, es können noch weitere folgen. Wenn Sie Interesse daran haben,
melden Sie sich gerne beim Gemeindeteam. Dieses Projekt hilft uns vor allem,
mal zu überlegen, wen wir einladen möchten, wer auf unserer Gästeliste steht.
Sind es nur die, die wir kennen? Oder auch Arme und Krüppel?
Die Haltung, um die es dabei
geht, nennt sich „Demut“. Das ist keine falsche Bescheidenheit, sondern das ist
Mut zum Dienen. So wie es Jesus und vorgelebt hat. Am Ende seines Lebens, am
Sederabend, hat er seine Jünger zum Abendessen eingeladen. Sein Abschied war ein
mutiger Dienst für die Menschen, den wir heute Abend wieder feiern. Der hl.
Franziskus hat die Eucharistie als das „Sakrament der Demut“ bezeichnet. Dazu
sind wir jetzt eingeladen.
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