Montag, 1. September 2025

Liebe

 


Predigt zur Hochzeit, 30.8.2025

Heute ist ein besonderer Tag, auf den ihr euch lange gefreut habt und für den ihr viel vorbereitet habt. Eure Familie und Freunde sind gekommen, um mit euch den Bund fürs Leben zu feiern. 

Dass ihr beide euch gesucht und gefunden habt, ist schon etwas Besonderes! Es hat mit dem Mut von N. zu tun, aus XY zum Studium nach Deutschland zu kommen! Es hat auch mit der Offenheit von N. zu tun, der mit mehreren Geschwistern und Sprachen aufgewachsen ist.

Vor sechs Jahren habt ihr euch kennengelernt. Ihr lebt seit drei Jahren gemeinsam in Hamburg. Seitdem ist einiges euch geschenkt worden: Ihr habt erlebt, wie erfüllend es sein kann, füreinander und für andere Lebewesen Verantwortung zu übernehmen. Ihr habt entdeckt, wie Liebe und Freundschaft wachsen. Ihr habt im Glauben erkannt, dass unser Leben von Gott getragen und gewollt ist und dass er uns in Jesus Christus seine Freundschaft schenkt. Die Taufe und Firmung von N., vor einigen Monaten hier in dieser Kirche, war ein sichtbares Zeichen dieser Liebe und Freundschaft Gottes für euch beide.

Was bedeutet Liebe für euch? Was bedeutet es, wenn ihr heute in dieser Kirche vor den Altar Gottes tretet, um eure Liebe segnen zu lassen? Es gibt heute in unserer Welt und insbesondere in der europäischen Kultur verschiedene Formen von Beziehungen, verschiedene Weisen zu lieben. Insbesondere in Hamburg kann man alle Formen und Farben treffen.

„Liebe ist Liebe!“, sagen manche Leute und setzen sich für Toleranz ein. Toleranz ist wichtig, niemand soll wegen seiner Orientierung diskriminiert werden! Aber Liebe ist doch wirklich sehr unterschiedlich! Es gibt die treue Liebe, die geduldige Liebe, die stürmische Liebe, die selbstbezogene Liebe, die auf den Genuss ausgerichtete Liebe, die Liebe in einer langen Freundschaft, die Liebe der Eltern zu den Kindern oder der Kinder zu den Eltern, die Liebe, die nicht loslassen kann, die selbstlose Liebe im Dienst an anderen. So viele Formen der Liebe, alle unterschiedlich, alle gut?

Die Auswahl der Lesungen heute zeigt, dass ihr durch den Glauben eine besondere Form der Liebe erkannt habt und gesucht habt. In der Lesung aus dem Buch Hosea ist von einer Liebe die Rede, die mit Gerechtigkeit und Recht, mit Barmherzigkeit und Treue verbunden ist. Das ist die Weise, wie Gott sein Volk Israel liebt. Und wenn das Volk ihn auf diese Weise entsprechend liebt, dann wird es Gott als den Gott des Lebens erkennen.

Es geht um eine innige Vertrautheit in dieser Gottesbeziehung, wie in einem ehelichen Verhältnis, mit Ehrfurcht und Respekt vor dem anderen, mit der Bereitschaft, sein Herz zu öffnen und dem anderen zu dienen. Es geht nicht um Unterordnung oder Herrschaft oder Nutzenoptimierung oder Ansehen oder was auch immer.

Diese Weise einander zu lieben, nennt Jesus ein Gebot. Wir dürfen dieses Wort nicht verwechseln mit Gesetz, sondern eher wie in den zehn Geboten als eine Weisung zum Leben verstehen.

Seine Weisung zum Leben ist, dass wir miteinander in Beziehungen leben, die auf Liebe, Freundschaft und Hingabe gründen. Dabei ist Gott kein Herrscher, der uns straft oder belohnt wie Knechte, sondern in Jesus Christus bietet er uns seine Freundschaft an. „Ich nenne euch nicht mehr, Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was ein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt, denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15)

Was bedeutet also Liebe für euch? Was bedeutet es, dass ihr heute vor den Altar Gottes tretet, um eure Liebe segnen zu lassen?

Ich glaube, es ist eine Liebe, die von der Freundschaft Gottes mit den Menschen und besonders von der Freundschaft Gottes in Christus mit euch beiden geprägt ist.

Der heilige Ignatius hat in seinen Exerzitien eine Übung eingefügt, um Liebe zu erlangen. Dort beschreibt er in den Vorbemerkungen, was er mit Liebe meint, was er darunter versteht. Er sagt:

„Zunächst sollte man zwei Dinge beachten. Das erste ist, dass Liebe mehr in Taten als in Worten zum Ausdruck kommen soll.“ (EB 230) Oft stimmen unsere Taten nicht mit der Liebe überein, die wir bekunden. Wir reden viel, aber wenn ich etwas sage, halte ich es auch ein. Und vor allem: mehr tun als reden, das ist wirksamer.

Wie wichtig ist doch die Liebe in unserem Leben! Der heilige Augustinus sagt: „Liebe und tu, was du willst“. Sobald wir uns entschließen, wirklich zu lieben, bleibt das Gesetz für uns zurück, denn alles, was wir tun, wird aus Liebe geschehen. Aber damit diese Liebe so verstanden wird, wie sie ist, muss noch eine weitere Klarstellung erfolgen...

Zweite Anmerkung: „Liebe besteht in der Kommunikation beider Seiten. Das heißt, der Liebende gibt und teilt dem Geliebten, was er hat oder was er kann. Und umgekehrt der Geliebte dem Liebenden. Wenn also der eine Wissen hat, soll er es dem anderen geben, der es nicht hat; wenn er Ehre und Reichtümer hat, soll er sie dem anderen geben, und so weiter.” (EB 231)

Liebe besteht im Mit-Teilen. Vielleicht ist diese Klarstellung noch notwendiger als die erste. Der heilige Ignatius unterscheidet zwischen der Liebe, die man zu etwas zum eigenen Vorteil empfindet; in dieser Liebe liebe ich nur mich selbst. Diese Liebe unterscheidet sich sehr von der Liebe der Güte: bene volere, das Gute wollen, das Gute für den anderen wollen. Es ist typisch für den Menschen, dass er, wenn er den anderen liebt, nicht sich selbst sucht, sondern das Wohl des anderen. Es ist die Liebe der Freundschaft, wenn sie gegenseitig ist, und in unserem spirituellen Leben, gegenüber Gott, wird sie Nächstenliebe genannt.

Man sagt auch, dass Liebe vereinigend ist. Nicht in dem Sinne, dass ich den anderen Menschen vereinnahme! Sondern wenn ich durch diese Liebe ihm Gutes tue, dann bedeutet das, mir selbst in gewisser Weise Gutes zu wünschen, weil die Liebe so stark ist, dass ich mich selbst in dieser Beziehung als den Geliebten erkenne, wenn ich Liebe schenke.

Möge Gott Euch diese Liebe geben und wachsen lassen! Amen.

 

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