Sonnenuntergang in Hamburg, 24.12.2025
2025 Predigt Weihnachten, Hamburg | Manresa
Les: Jes 52, 7–10; Hebr 1, 1–6; Joh 1,1-18
Das Weihnachtsfest ist ein
Lichterfest. Mitten in der dunklen Jahreszeit entzünden wir Kerzen. Wenn die
Nacht am längsten ist, schmücken wir den Weihnachtsbaum mit Lichtern, selbst
die Einkaufsstraßen erstrahlen in hellem Glanz. Mag sich man sich über ein
kommerzialisiertes Fest ärgern, aber dieser Lichterglanz trifft doch bei uns offenbar
auf eine sehr tiefe Sehnsucht, auch bei den Menschen, die nicht glauben: Licht,
das die Dunkelheit erleuchtet.
Heute gibt es elektrisches Licht
überall und zu jeder Zeit; wir brauchen eigentlich keine natürlichen
Lichtquellen mehr. Doch das Licht verliert nicht seine Faszination: Ein Sonnenaufgang,
ein heller Tag, das Strahlen des Mondes – wie schön ist das! Im neuen
Einkaufszentrum in der Hafencity wurde der „Port de lumière“ eröffnet, ein
Museum nur aus Licht. Und die modernen Fernsehsendungen und Konzerte, die wir
in diesen Tagen anschauen, wären und ohne eine ausgeklügelte Lichttechnik
überhaupt nicht mehr zu denken.
Die Römer feierten seit Kaiser
Aurelian, d.h. seit dem dritten Jahrhundert nach Christus, zur
Wintersonnenwende ein Fest zu Ehren des Sonnengottes „sol invictus“. Es war ein
Lichterfest mit öffentlichen Feiern und Spielen. Die Sonne als Licht des
Himmels wurde durch einen öffentlichen Kult geehrt. Dies verband sich mit einer
Spiritualität, dem Mithras Kult, der angeblich aus Persien stammen sollte. Ein
bisschen Exotik reizte religiöse Menschen immer schon.
Die Christen waren anfangs gegen diese
Lichtfeste; sie befürchteten eine Verwechslung von Gott und den Götzen. Aber
mit der öffentlichen Anerkennung des Christentums und der Kaiser Konstantin
verwandelte sich die christliche Ablehnung der römischen Festkultur. Das
Lichterfest wurde christianisiert, d.h. übernommen und umgedeutet - und schließlich
als ein hohes christliches Fest beansprucht, als das Fest der Geburt Christi.
Denn das Licht zu feiern, war den
Christen nicht fremd: Die Christen konnten sich darauf berufen, dass Christus
in den biblischen Texten als „das wahre Licht“ (Joh 1,9), bzw. als „die Sonne
der Gerechtigkeit“ (vgl. Mal 3,20) bezeichnet wird und dass „das aufstrahlende
Licht aus der Höhe“ gekommen ist, „um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen
und im Schatten des Todes und unsere Schritte zu lenken auf den Weg des
Friedens“ (Lk 1, 78-79), - so heißt es im Benediktus, im Lobgesang des
Zacharias über die Geburt Jesu.
Und in seiner Nachfolge werden
auch die Christen zu Licht: „Die Gerechten werden im Reich ihres Vaters
leuchten wie die Sonne.“ (Mt 13, 43)
Seit dem vierten Jahrhundert wird
also das Lichterfest an Weihnachten als das Fest Geburt Jesu gefeiert. Man
könnte auch sagen: Deshalb feiern wir Weihnachten im Winter. Spannend ist nun,
dass diese Übernahme des Lichtfestes genau zu jener Zeit geschah, als über die
Bedeutung und das Wesen von Jesus Christus in der Kirche erbittert gestritten
wurde. Es wurde damals in langen philosophischen und theologischen Diskussionen
darüber gestritten, wer Jesus Christus eigentlich sei: War er ein Mensch? War
er ein Gott? War er ein Gott in menschlicher Gestalt? War er ein Sohn von Gott?
Und wenn ja, ein Sohn in dem Sinne, wie wir alle Kinder Gottes sind, oder doch
auf besondere Weise?
Was bedeutet Inkarnation bzw. Fleischwerdung?
Wir glauben, dass Gott uns in Jesus Christus nahegekommen ist, dass er Mensch
wurde. Ist damit verbunden, dass Jesus Christus schon vorher existierte und
quasi mit seiner Geburt nur auf diese Erde kam? Oder hat Gott, der Ewige, diesen
Menschen erst später als Sohn angenommen, also quasi adoptiert?
Ich weiß nicht, ob sie sich über
diese Fragen schon einmal Gedanken gemacht haben. Aber zu Beginn des vierten
Jahrhunderts wurde darüber im ganzen Reich gesprochen. Das war ein Thema für jeden
Bischof und für jede Gemeinde. Man erzählte sich, dass sogar die Marktfrauen
über diese Themen diskutierten. Es gab Reimverse, um die unterschiedlichen
theologischen Positionen deutlich zu machen. Die Arianer, d.h. die Theologen,
die die Position des Arius vertraten, hatten zum Beispiel gedichtet: ἦν ποτε ὅτε οὐκ
ἦν – auf Deutsch: es gab
eine Zeit, wo er nicht war.
Kaiser Konstantin meinte, es sei zu
viel der Diskussion, die Einheit der Kirche und die Einheit des Reiches sei
gefährdet. Und so berief er 325 die Bischöfe nach Nizäa; sie sollten ein
Glaubensbekenntnis formulieren. Das war vor nun genau 1700 Jahren.
Die Position der Arianer wurde am
Ende verurteilt. Das bedeutet: Die Aussage „es gab eine Zeit, wo er nicht war“
wird als falsch abgelehnt. So steht es geschrieben: Gottes Sohn ist von
Ewigkeit her.
Die Auseinandersetzungen hätten
schlecht ausgehen können für das Christentum, wenn man nur bei philosophischen und
theologischen Streitfragen und Argumenten geblieben wäre. Argumente sind
wichtig für den Glauben, aber es braucht auch immer wieder die Rückbesinnung auf
die Überlieferung und darauf, dass am Ende nicht alles vollständig in
philosophischen Begriffen ausgesagt werden kann. So wie Johannes in seinem
Evangelium poetisch formuliert und ganz in Anlehnung an die Sprache der Bibel:
„Im Anfang war das Wort und das
Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles
ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm
war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in
der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ (Joh 1, 1-5)
Deshalb fanden die Bischöfe Gott
sei Dank auf dem Konzil ein Glaubensbekenntnis, dass auch poetische Sprache
verwendet, um das Wesen Christi zu beschreiben. „Licht vom Licht“. Das ist ein
Bildwort, dass jedem sofort einleuchtet. Wer schon einmal das Licht einer Kerze
weitergegeben hat, weiß, was es bedeutet: „Licht vom Licht“.
Biblische Sprache kennt immer
schon poetische Formulierungen. In den Psalmen heißt es zum Beispiel: „In
deinem Licht schauen wir das Licht.“ (Psalm 36,10). Wir können an den
Sonnenaufgang denken. Das Sonnenlicht hilft uns, etwas zu sehen und zugleich
sehen wir die Sonne selbst.
Wie oft bitte ich Gott, um sein
Licht um die Dinge meines Lebens neu zu sehen. Und manchmal erkenne ich dann in
diesem Licht, mit dem Vertrauen auf seine liebende Barmherzigkeit, auch sein
Leben in meinem Leben, seine Gegenwart in meiner Gegenwart und in meinem
Alltag., Sein Wirken als das Licht meines Lebens.
Dieses Licht kommt heute in
unsere Welt. Es strahlt in unsere Dunkelheit. Das bedeutet: die Dunkelheit, die
Sünde der Welt wird vernichtet. Der Retter wird da sein, und uns wird Vergebung
schenken. Er richtet uns auf durch seine tröstliche Ankunft. Amen.
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