Freitag, 26. Dezember 2025

Licht im Dunkeln

Sonnenuntergang in Hamburg, 24.12.2025

2025 Predigt Weihnachten, Hamburg | Manresa

Les: Jes 52, 7–10; Hebr 1, 1–6; Joh 1,1-18

Das Weihnachtsfest ist ein Lichterfest. Mitten in der dunklen Jahreszeit entzünden wir Kerzen. Wenn die Nacht am längsten ist, schmücken wir den Weihnachtsbaum mit Lichtern, selbst die Einkaufsstraßen erstrahlen in hellem Glanz. Mag sich man sich über ein kommerzialisiertes Fest ärgern, aber dieser Lichterglanz trifft doch bei uns offenbar auf eine sehr tiefe Sehnsucht, auch bei den Menschen, die nicht glauben: Licht, das die Dunkelheit erleuchtet.

Heute gibt es elektrisches Licht überall und zu jeder Zeit; wir brauchen eigentlich keine natürlichen Lichtquellen mehr. Doch das Licht verliert nicht seine Faszination: Ein Sonnenaufgang, ein heller Tag, das Strahlen des Mondes – wie schön ist das! Im neuen Einkaufszentrum in der Hafencity wurde der „Port de lumière“ eröffnet, ein Museum nur aus Licht. Und die modernen Fernsehsendungen und Konzerte, die wir in diesen Tagen anschauen, wären und ohne eine ausgeklügelte Lichttechnik überhaupt nicht mehr zu denken.

Die Römer feierten seit Kaiser Aurelian, d.h. seit dem dritten Jahrhundert nach Christus, zur Wintersonnenwende ein Fest zu Ehren des Sonnengottes „sol invictus“. Es war ein Lichterfest mit öffentlichen Feiern und Spielen. Die Sonne als Licht des Himmels wurde durch einen öffentlichen Kult geehrt. Dies verband sich mit einer Spiritualität, dem Mithras Kult, der angeblich aus Persien stammen sollte. Ein bisschen Exotik reizte religiöse Menschen immer schon.

Die Christen waren anfangs gegen diese Lichtfeste; sie befürchteten eine Verwechslung von Gott und den Götzen. Aber mit der öffentlichen Anerkennung des Christentums und der Kaiser Konstantin verwandelte sich die christliche Ablehnung der römischen Festkultur. Das Lichterfest wurde christianisiert, d.h. übernommen und umgedeutet - und schließlich als ein hohes christliches Fest beansprucht, als das Fest der Geburt Christi.

Denn das Licht zu feiern, war den Christen nicht fremd: Die Christen konnten sich darauf berufen, dass Christus in den biblischen Texten als „das wahre Licht“ (Joh 1,9), bzw. als „die Sonne der Gerechtigkeit“ (vgl. Mal 3,20) bezeichnet wird und dass „das aufstrahlende Licht aus der Höhe“ gekommen ist, „um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes und unsere Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens“ (Lk 1, 78-79), - so heißt es im Benediktus, im Lobgesang des Zacharias über die Geburt Jesu.

Und in seiner Nachfolge werden auch die Christen zu Licht: „Die Gerechten werden im Reich ihres Vaters leuchten wie die Sonne.“ (Mt 13, 43)

Seit dem vierten Jahrhundert wird also das Lichterfest an Weihnachten als das Fest Geburt Jesu gefeiert. Man könnte auch sagen: Deshalb feiern wir Weihnachten im Winter. Spannend ist nun, dass diese Übernahme des Lichtfestes genau zu jener Zeit geschah, als über die Bedeutung und das Wesen von Jesus Christus in der Kirche erbittert gestritten wurde. Es wurde damals in langen philosophischen und theologischen Diskussionen darüber gestritten, wer Jesus Christus eigentlich sei: War er ein Mensch? War er ein Gott? War er ein Gott in menschlicher Gestalt? War er ein Sohn von Gott? Und wenn ja, ein Sohn in dem Sinne, wie wir alle Kinder Gottes sind, oder doch auf besondere Weise?

Was bedeutet Inkarnation bzw. Fleischwerdung? Wir glauben, dass Gott uns in Jesus Christus nahegekommen ist, dass er Mensch wurde. Ist damit verbunden, dass Jesus Christus schon vorher existierte und quasi mit seiner Geburt nur auf diese Erde kam? Oder hat Gott, der Ewige, diesen Menschen erst später als Sohn angenommen, also quasi adoptiert?

Ich weiß nicht, ob sie sich über diese Fragen schon einmal Gedanken gemacht haben. Aber zu Beginn des vierten Jahrhunderts wurde darüber im ganzen Reich gesprochen. Das war ein Thema für jeden Bischof und für jede Gemeinde. Man erzählte sich, dass sogar die Marktfrauen über diese Themen diskutierten. Es gab Reimverse, um die unterschiedlichen theologischen Positionen deutlich zu machen. Die Arianer, d.h. die Theologen, die die Position des Arius vertraten, hatten zum Beispiel gedichtet: ν ποτε τε οκ ν – auf Deutsch: es gab eine Zeit, wo er nicht war.

Kaiser Konstantin meinte, es sei zu viel der Diskussion, die Einheit der Kirche und die Einheit des Reiches sei gefährdet. Und so berief er 325 die Bischöfe nach Nizäa; sie sollten ein Glaubensbekenntnis formulieren. Das war vor nun genau 1700 Jahren.

Die Position der Arianer wurde am Ende verurteilt. Das bedeutet: Die Aussage „es gab eine Zeit, wo er nicht war“ wird als falsch abgelehnt. So steht es geschrieben: Gottes Sohn ist von Ewigkeit her.

Die Auseinandersetzungen hätten schlecht ausgehen können für das Christentum, wenn man nur bei philosophischen und theologischen Streitfragen und Argumenten geblieben wäre. Argumente sind wichtig für den Glauben, aber es braucht auch immer wieder die Rückbesinnung auf die Überlieferung und darauf, dass am Ende nicht alles vollständig in philosophischen Begriffen ausgesagt werden kann. So wie Johannes in seinem Evangelium poetisch formuliert und ganz in Anlehnung an die Sprache der Bibel:

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ (Joh 1, 1-5)

Deshalb fanden die Bischöfe Gott sei Dank auf dem Konzil ein Glaubensbekenntnis, dass auch poetische Sprache verwendet, um das Wesen Christi zu beschreiben. „Licht vom Licht“. Das ist ein Bildwort, dass jedem sofort einleuchtet. Wer schon einmal das Licht einer Kerze weitergegeben hat, weiß, was es bedeutet: „Licht vom Licht“.

Biblische Sprache kennt immer schon poetische Formulierungen. In den Psalmen heißt es zum Beispiel: „In deinem Licht schauen wir das Licht.“ (Psalm 36,10). Wir können an den Sonnenaufgang denken. Das Sonnenlicht hilft uns, etwas zu sehen und zugleich sehen wir die Sonne selbst.

Wie oft bitte ich Gott, um sein Licht um die Dinge meines Lebens neu zu sehen. Und manchmal erkenne ich dann in diesem Licht, mit dem Vertrauen auf seine liebende Barmherzigkeit, auch sein Leben in meinem Leben, seine Gegenwart in meiner Gegenwart und in meinem Alltag., Sein Wirken als das Licht meines Lebens.

Dieses Licht kommt heute in unsere Welt. Es strahlt in unsere Dunkelheit. Das bedeutet: die Dunkelheit, die Sünde der Welt wird vernichtet. Der Retter wird da sein, und uns wird Vergebung schenken. Er richtet uns auf durch seine tröstliche Ankunft. Amen.

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