„Wie geht es Dir eigentlich?“ Mitten im Gespräch konnte eine ältere
Bewohnerin der Arche diese Frage ganz unvermittelt stellen – und es war immer wieder
die gleiche Frage, so dass meist alle schmunzelten. Aber manchmal lässt einen diese
Frage stutzen und innehalten, reflektieren – ganz ignatianisch,
scheint mir: Wie geht Dir eigentlich?
In den vergangenen drei Wochen war ich Gast in der Arche-Gemeinschaft
in Tecklenburg. Ich wurde mit einer großen Offenheit aufgenommen,
habe viele Menschen in der Arche und im weiteren Umfeld kennen gelernt. Die
Bewohner und Assistenten gemeinsam in einer großen WG: Zusammenleben ist nie
einfach, und angesichts der zusätzlichen rechtlichen und interkulturellen
Herausforderungen gilt das auch für die Arche. Doch die Geduld und die
Freundlichkeit im Umgang miteinander, die von einer christlichen, ökumenischen
Haltung getragen werden, haben mich beeindruckt.
Die gemeinsamen Elemente im
Tagesablauf, vom Frühstück über das nachmittägliche Kaffeetrinken mit Obst
(immer alles mit Tischgebet, oft gesungen, auch wenn es schief klingt), das
Abendgebet im Wohnzimmer, bis zum das Abendessen und den Ausklang vor dem
Fernseher strukturieren den Alltag. Ich habe versucht mich einzubringen, da zu
sein, mitzuhelfen – und habe ganz viel empfangen. Neben den viele Gesprächen
und Begegnungen bleibt mir das Blech Pflaumenkuchen in Erinnerung, das wir mit
den Pflaumen aus dem eigenen Garten zusammen gebacken haben. Die Tage in der
Arche mit dem gleichmäßigen Rhythmus ließen mir bei allen Überraschungen immer
wieder Zeit für Gebet und Nachdenken. Es ist wirklich ein guter Ort und ein
Zeichen, wie Gemeinschaftsleben heute möglich ist.
„In den Arche-Gemeinschaften leben Menschen mit geistigen
Behinderungen mit anderen zusammen, die sich berufen fühlen, ihr Leben mit
ihnen zu teilen. Bei diesem engen Zusammenleben und gemeinsamen Unterwegssein
lernen wir alle Leiden und Freuden des Gemeinschaftslebens kennen. Hier öffnen
die schwächsten Mitglieder uns anderen das Herz für das Mitfühlen und helfen
uns auf diese Weise zu einem tieferen Einswerden mit Jesus. Wir lernen es, mit
ihnen Freundschaft zu schließen, und durch sie und mit ihnen auch mit Jesus.
Unsere Gemeinschaften beruhen – genau wie auch die Gemeinschaften »Glaube und
Licht« – auf dem Glauben an den Wert, den jeder Mensch hat; ganz
unabhängig von seiner Kultur oder Religion, seinen Fähigkeiten oder
Behinderungen. Wir alle sind berufen, in der Liebe und Weisheit und der
Fähigkeit zum Annehmen des Anderen zu wachsen. Manche unserer Gemeinschaften
wurzeln im katholischen Glauben; andere wurden ökumenisch. So erleben wir die
Freuden des Einsseins und die Schmerzen, die es bereitet, noch gespalten zu
sein. Indem wir versuchen, die Botschaft Jesu zu leben, wachsen wir zusammen.“
(Jean Vanier, Vorwort, in: Weites Herz. Dem Geheimnis der Liebe auf der Spur,
Schwarzenfeld 2010, S. 7)
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