Predigt Pfingsten 2025 – Wasser und Feuer (Les: Apg 2; Joh 20)
Wir feiern heute an Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes, der "wie Feuer" den Jüngerinnen und Jüngern geschenkt wurde. Und wir feiern das Ende der Osterzeit, in der viele Menschen die Taufe empfangen haben, die aus dem Wasser und dem Heiligen Geist gespendet wird.
Die Zeichen, die mit Ostern und Pfingsten verbunden sind, haben elementare Bedeutung: Wasser und Feuer. Es sind zwei der so genannten vier Elemente, die schon in der Antike bekannt waren. Und sowohl Wasser wie auch Feuer sind Zeichen des Lebens: ohne Wasser und ohne Feuer könnten wir nicht leben!
1/ Wasser. Alles Leben kommt aus dem Wasser. Unser Körper besteht zu einem Großteil aus Wasser. Und wer schon einmal wirklich Durst hatte, weiß es wie wichtig, dass erfrischende und kühlenden Nass für unseren Organismus wirklich ist. Gleichzeitig hat das Wasser auch etwas Bedrohliches. Ein reißender Bach kann Berge versetzen. Wenn es regnet, gibt es Überflutungen. Zuviel Wasser bedroht bzw. tötet alle Lebewesen.
2/ Feuer. Beim Feuer ist es ähnlich. Es wärmt bei Kälte, es lässt die Nahrung gar werden, so dass wir wichtige Energie zu uns nehmen können. Ohne Feuer würden wir sterben. Aber wer schon einmal in einen Brand geraten ist, weiß auch um die Bedrohung durch das Feuer. Es kann auf grausame Weise Leben töten - und zurückbleibt nur die Asche. Man soll mit dem Feuer nicht spielen, so wird schon den Kindern beigebracht.
Sowohl das Feuer wie auch das Wasser sind also sehr ambivalente Symbole. Sie dienen dem Leben und können es vernichten. Sie sind faszinierend und schön anzuschauen, stundenlang. Und beide lassen sich nicht fassen oder festhalten. Wasser zerrinnt uns zwischen den Fingern oder verdampft, wenn wir es in einem Gefäß aufbewahren. Und Feuer braucht etwas, was es verzehren kann. Das Feuer lässt sich nur brennend weiter-geben.
Spannend finde ich schließlich, dass beides gegensätzliche Elemente sind. Mit Wasser kann man Feuer löschen. Eigentlich schließen sich die beiden Symbole gegenseitig aus, oder nicht?
Was bedeutet es, dass wir mit dem Wasser taufen und in der gleichen Feier um das Feuer des Heiligen Geistes bitten? Mir fällt diese Spannung in kleinen Momenten der Liturgie auf. In der Osternacht wird das neue Feuer mit dem alten Taufwasser gesegnet. Das zischt und verdampft; und jedes Mal frage ich mich, was das bedeutet: Feuer mit Wasser zu segnen? Oder was bedeutet es in der Osternacht, das Wasser mit dem Licht der Osterkerze zu segnen, die hineingetaucht wird?
Zwei Menschen sind wie Feuer und Wasser so sagen wir manchmal und meinen, dass sie sehr unterschiedliche Charaktere haben und sich nicht gut verstehen, dass es Konflikte gibt. Von daher könnte man sich also wundern, warum wir gerade diese Symbolik bei Taufe und Firmung zusammen vorfinden.
Doch wenn wir Christen unseren Glauben bekennen, dann geschieht das nicht auf der Grundlage allgemeiner Symbolik, sondern auf der Grundlage der jüdischen Tradition, besser gesagt: der Heilsgeschichte des Volkes Israel mit seinem Gott, in die wir hinein-gestellt werden. Und in diese Geschichte, in diesem Kontext, haben Wasser und Feuer über die allgemein menschliche Bedeutung hinaus, noch eine tiefere, geistliche Bedeutung. Schauen wir dort gemeinsam einmal hin.
1/ Wasser: wo kommt das Wasser in der Bibel vor und welche Bedeutung hat es dort? Schöpfung, Sintflut, Exodus, die Vision des Propheten Ezechiel von der Tempelquelle, die Verheißung des Jesaja von den Quellen des Heils. Wasser als Zeichen des Lebens, der Befreiung und der Erlösung aus der Knechtschaft und Sklaverei. Die Verheißung von neuem Leben für alle. Der Aspekt der Reinigung steht dabei nicht im Zentrum, sondern mehr dieses „hindurch“, nämlich untertauchen und auftauchen, der Aspekt der Transformation des Lebens und des Wachstums.
2/ Feuer: wo kommt Feuer in der Bibel vor und welche Bedeutung hat es dort? Es gibt das Feuer beim Opfer, zum Beispiel des Abraham (Gen 15), das Feuer bei der Begegnung mit Gott am Dornbusch (Ex 3), der Feuerwagen des Ezechiel. Feuer ist die Offenbarung Gottes, sein Licht. Das Feuer verzehrt und reinigt, wie z.B. die Lippen von Jesja mit glühenden Kohlen gereinigt werden (Jes 6,6). Im Schmelzofen wird das Gold gereinigt (Mal 3). Das Feuer steht am Ende der Zeiten mit dem Sturm, bei der Ankunft Gottes, als Zeichen für das Gericht (Jes 66).
Auch im Neuen Testament ist das Feuer ein Zeichen für das göttliche Heil am Ende der Zeit und für das Gericht, für das Himmel und Erde aufgespart worden sind (2Petr 3,7). Diese Vorstellung vom nahen Ende, vom kommenden Gericht, ist für uns heute eher fremd, obwohl sie für Jesus und die Jünger wohl selbstverständlich war.
Jesus selbst hat allerdings nicht in erster Linie vom Gericht gesprochen, sondern er hat das Kommen des Reiches Gottes verkündet. Er hat davon gesprochen, dass das endzeitliche, messianische Heil schon jetzt anbricht: Ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens, wo den Armen und den Verlorenen Heil und Heilung geschenkt wird. „Wenn ich Menschen heile, wenn ich Sünden vergebe, wenn ich mit meinem Finger die Dämonen austreibe, dann ist das Reich Gottes schon mitten unter euch.“
Und genau diese Erfahrung von Heil, das alle menschliche Zeit übersteigt, haben die Jünger mit Jesus und nach seinem Tod gemacht. So lässt sich die Pfingsterzählung aus der Apostelgeschichte verstehen. Das brausen, der Sturm und das Feuer, die vielen Sprachen. Das ist genau das, was die Propheten angekündigt haben am Ende der Zeit.
„In jenen letzten Tagen wird es geschehen,“ so heißt es beim Propheten Joël, „ich werde von meinem Geist ausgießen über alle Menschen.“ (Joel 3, zit. n. Apg 2, 17)
Gott zeigt sich. Er ist schon da. Er offenbart sich nicht irgendwann am Ende der Zeit, sondern schon jetzt mit seiner Macht und Stärke als der Lebendige und Leben schaffende Gott. Eine Erfahrung wie Feuer, eine Erfahrung wie auf einer anderen Welt, auf die wir hoffen.
Es ist eine Zeit der Entscheidung und des Friedens gleichzeitig. Alles, worauf wir hoffen, wonach wir uns sehnen, wofür wir gelebt haben: Gerechtigkeit und Heil, all dies fängt schon jetzt an!
Wenn also der Auferstandene seinen Jünger den Heiligen Geist schenkt, wenn sie seine Gegenwart erfahren wie Sturm und Feuer, dann hat dieses Ende schon begonnen. Wasser und Feuer sind daher nicht einfach nur gegensätzliche, spannungsvolle Symbole, sondern sie verweisen auf die Heilszeit, in die hinein wir gestellt sind.
Das Wasser der Schöpfung und der Befreiung am Anfang und das Feuer des Geistes und des Gerichts bilden sozusagen den Spannungsbogen unseres Lebens, besser gesagt, die Heilszeit unseres Lebens inmitten der Heilsgeschichte. Meine Geschichte in der Geschichte. Wir leben nicht einfach so dahin, sondern wir stehen in einer Geschichte, sind Teil einer Geschichte, die eine Richtung und einen Sinn hat.
Das Wasser des Heils schützt uns sozusagen hier und jetzt vor dem Feuer des Gerichts. Das „mit Christus untergehen und auftauchen“ führt dazu, dass wir keine Angst zu haben brauchen vor dem Feuer und dem Sturm. Ja, dass wir sogar in all dem Gottes Heilszeichen erkennen können, der Gerechtigkeit und Heil schafft.
Was bedeutet es an Jesus Christus zu glauben? Es bedeutet, ihm so zu vertrauen, dass wir mit ihm untergehen und auferstehen - und dann zu neuem Leben hinein gestellt sind in die Heilsgeschichte Gottes mit seinem Volk, der Heil und Gerechtigkeit schaffen wird, dereinst und schon heute. Amen.
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