Montag, 5. Mai 2025

Freundschaft mit Jesus

 


Predigt Dritter Sonntag der Osterzeit C | Hamburg 2025

Les: Apg 5,27b-32.40b-41; Offb 5,11-14; Joh 21,1-19 

Der auferstandene Herr Jesus Christus spricht Petrus an, ganz persönlich: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ (21,16). Wie wäre das, wenn der auferstanden Herr Jesus Christus Sie ganz persönlich anspricht: Katharina, Christian, Susanne, Benedikt, Barbara, Christoph - liebst du mich? Wie würden Sie reagieren?

Vielleicht probieren Sie es mal aus, sich das vorzustellen: Jesus Christus kommt auf Sie zu. Spricht er Sie von vorne an oder eher von der Seite? Von oben oder auf Augenhöhe? Wie ist sein Blick, wenn er Sie anschaut? Liebevoll oder skeptisch? Voll Vertrauen oder fragend, flehend? Und was würden Sie auf seine Frage antworten? […]

Vielleicht geht es Ihnen gerade so wie es Simon Petrus ging, dass sie nicht recht wissen, was sie Jesus ehrlicherweise antworten sollen und können. „Liebst du mich?“ Was für eine Frage! Und dreimal dieselbe Frage? Ist da jemand schwerhörig, oder schwer von Kapee? Und was bedeutet die Antwort des Simon? Ist es ein dreifaches Ja? Aber warum wird Petrus dann traurig? (21,17)

Die Textstelle wird selten im Gottesdienst gelesen. Sie ist tatsächlich nicht so leicht zu verstehen. Es gibt verschiedene Wortpaare bzw. Ausdrücke, die scheinbar dasselbe bezeichnen: Schafe / Lämmer oder hüten / weiden oder wissen / erkennen oder lieben / liebhaben. Ist das alles das gleiche?

Wer das Evangelium des Johannes kennt und seinen Sinn für Sprache, der ahnt: hier geht es um wesentliche Nuancen, die Wörter bedeuten eben nicht alle das gleiche. Johannes kennt das Alte Testament sehr gut und das hilft uns, dieses Evangelium selbst besser zu verstehen.

Das Wortfeld vom Hirten, kommt zum Beispiel im Buch Ezechiel mehrfach vor. Dort ist vom göttlichen Hirtenauftrag an die Führung des Gottesvolkes die Rede, an die Ältesten und die Priester. Sie sollen für die Herde sorgen, die ihnen anvertraut ist. Sie sollen die Starken (die Schafe) nicht ausbeuten, sie sollen sie hüten. Und sie sollen die Schwachen und Kleinen (die Lämmer), pflegen und weiden, sie sollen sie füttern und päppeln. Schafe hüten und Lämmer weiden. Nicht für alle das gleiche, sondern jedem das Seine - das ist wirklich Gerechtigkeit!

Auch wissen und erkennen ist nicht das gleiche. Wissen bezieht sich auf etwas, dass mir seit langem bekannt ist, was ich weiß. Erkennen ist punktuell, der Moment, in dem sich mein Wissen verändert.

Und schließlich: lieben und liebhaben ist nicht das gleiche. Wenn sie ihr Partner oder ihre Partnerin fragt: „Liebst du mich?“ Und sie antworten: „ich hab‘ dich lieb“ oder griechisch: „ich bin gern dein Freund“, dann werden beide spüren: Da stimmt etwas nicht. Freundschaft ist großartig. Sich gernhaben ist schön. Aber Liebe ist irgendwie mehr als Freundschaft: eine besondere Freundschaft, bei dir das eigene Leben eingesetzt wird.

Darum geht es doch Jesus bei seiner Frage an Petrus. Er sagt ihm: wir sind Freunde, und wir bleiben es, trotz allem, was passiert ist, trotzdem du mich verraten hast. Aber wirst du auch dein Leben hingeben für mich, so, wie ich es für dich getan habe? Beim Abendmahl hatte Jesus gesagt, ich nenne euch Freunde und am Kreuz hat er sein Leben für sie hingegeben aus Liebe.

Deshalb die erste Frage: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?“ (21,15). Damit kann gemeint sein: „Liebst du mich mehr, als du diese liebst?“ oder auch: „Liebst du mich mehr, als diese mich lieben?“ Wie auch immer: Petrus zögert. Er weiß nicht, was er sagen soll. Er möchte dieses Mal ehrlich sein. Er sagt: „Du weißt, dass ich dich gernhabe, dass ich dir freund bin.“ Er gesteht seine Begrenztheit seine Schwäche.

Aber Jesus fragt weiter und gibt nicht auf. Er reduziert die Frage: na gut, wenn du mich nicht mehr liebst als die anderen mich lieben, was ich gedacht und gehofft habe: liebst du mich denn überhaupt? Und wieder erreicht Petrus mit seiner Antwort nicht die Güte und Liebe, die ihm von Jesus entgegenkommt und geschenkt wird. Seine Antwort ist die gleiche: „Ja, du weißt, dass ich dir freund bin.“ Ob Jesus enttäuscht war, ob dieser kleingläubigen Antwort? Er fragt jedenfalls noch ein drittes Mal, und er begibt sich auf das Niveau von Petrus. Er will nichts erzwingen. Petrus ist ehrlich aber begrenzt, die Liebe fehlt. Und so fragt Jesus: „Simon, bist du mir freund?“ Und da kann Simon aus ganzem Herzen „Ja“ sagen. Aber zugleich wird er traurig, weil er sieht, dass Jesus erkannt hat, wie klein und begrenzt seine Liebe ist. Es ist eine für Petrus beschämende Erkenntnis, angesichts der Freundschaft und Liebe Jesu zu ihm und zu den anderen Jüngern.

Das Evangelium bleibt nicht bei der Traurigkeit und der Erkenntnis und der eigenen Begrenztheit stehen, sondern Jesus gibt Petrus einen Auftrag und er zeigt ihm den Weg, wie er in der Liebe wachsen kann. Er sagt zu ihm: „Weide meine Lämmer, hüte meine Schafe, weide meine Schafe.“ Er schickt ihn in die Pastoral. Er soll Pastor werden. Es sind Jesu Schafe und Jesu Lämmer, um die er sich kümmern soll. Er soll sich mehr um das Leben der anderen Sorgen als um das eigene Leben. Das ist das Heilmittel, das Jesus ihm schenkt. Weg von der Nabelschau, nicht mehr den Blick auf die eigene Schwäche, die eigenen Grenzen zu richten, sondern auf die Nöte und Sorgen der anderen.

Und Jesus macht ihm zugleich eine Verheißung: Auch wenn deine Liebe jetzt noch begrenzt ist, es wird der Moment kommen, indem deine Liebe groß genug ist, dein Leben hinzugeben für die anderen und für mich.

Jesus verspricht Petrus das Martyrium. Er deutet an, durch welchen Tod Petrus Gott verherrlichen wird, wenn er sagt, dass er geführt werden wird, wohin er nicht will. Seine Lebenshingabe wird kommen, nach der Sorge und der Hingabe und dem Dienst an die anderen. Der heilige Augustinus schreibt: Petrus wird sein Leben hingeben, in Liebe für Jesus, mit dem zu sterben er beim Abendmahl in „verdrehter Voreiligkeit“ versprochen hatte.

Dreimal die Frage nach der Liebe. Was würden wir Jesus antworten? Und wenn wir noch nicht aus vollem Herzen und mit ganzer Hingabe „ja“ sagen können, wird es vielleicht auch uns helfen, mal mehr auf die anderen zu achten und ihre Sorgen zu teilen. Die anderen Menschen der Sorge Jesu anzuvertrauen und selbst einen kleinen Dienst übernehmen. Es gibt so viele Menschen um uns, die keinen Hirten haben. Amen.

Text Joh 21,15-17 (Dieter Böhler):

Als sie nun gegessen hatten, sagt Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er sagt zu ihm: “Ja, Herr, du weißt, dass ich dir freund bin.” Er sagt zu ihm: “Weide meine Lämmer!” Er sagt zu ihm wiederum, ein zweites Mal: “Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?” Er sagt zu ihm: “Ja, Herr, du weißt, dass ich dir freund bin.” Er sagt zu ihm: “Hüte meine Schafe!” Er sagt zu ihm das dritte Mal: “Simon, Sohn des Johannes, du bist mir freund?” Da wurde Petrus traurig, weil er ihm beim dritten Mal sagte “Du bist mir freund?” und sagt zu ihm: “Herr, du weißt alles, du erkennst, dass ich dir freund bin.” [Jesus]23 sagt zu ihm: “Weide meine Schafe! Amen, amen, ich sage dir: als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und bist hingegangen, wohin du wolltest. Wenn du aber älter geworden sein wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst.“ Das aber sagte er um zu bezeichnen, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Und indem er das sagte, sagt er zu ihm: “Folge mir!”

Vgl. Dieter Böhler, Liebe und Freundschaft im Johannesevangelium. Zum alttestamentlichen Hintergrund von Joh 21,15-19, in: Biblica 96/2015, H.4, S. 599-608.

 

 

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