Sonntag, 5. Oktober 2025

Hochstapler?


Predigt 27C (ursprünglich französisch), Hamburg 2025

Les: Hab 1, 2–3; 2, 2–4; 2 Tim 1, 6–8.13–14; Lk 17, 5–10

Kennen Sie das Imposter-Syndrom? Ich hoffe, Sie kennen es nicht! Menschen, die unter dem Imposter-Syndrom leiden, zweifeln an den eigenen Fähigkeiten und der eigenen Leistung.

Diese Menschen leben oft in einer höheren sozialen Schicht, sie sind erfolgreich, aber sie sind überhaupt nicht zufrieden, sie sind nicht glücklich oder dankbar für ihren Erfolg, weil sie tief im Herzen glauben, dass der Erfolg nicht echt ist.

Sie lehnen daher mehr oder weniger systematisch das Verdienst ihrer Arbeit ab und schreiben den Erfolg ihrer Unternehmungen äußeren Faktoren zu, wie Glück, Beziehungen oder besonderen Umständen.

In manchen Fällen kann eine betroffene Person sich sogar als eine Art Betrüger oder Hochstapler sehen, der seine Kollegen, Freunde und Vorgesetzten täuscht und erwartet, eines Tages entlarvt zu werden.

Die Psychologie gibt Tipps, um Selbstzweifel abzubauen (vgl. Barmer)

  • Erfolge und Fähigkeiten schriftlich festhalten
  • Herausforderungen trotz der Ängste annehmen
  • mit anderen reden und andere Meinungen einholen
  • Komplimente annehmen und einfach mal „Danke“ sagen

Das ist sicherlich sinnvoll als erste Hilfe. Doch Woher kommt dieser Zweifel? Warum fällt es Menschen so schwer, die Selbstwahrnehmung mit der Wahrnehmung anderer zu vereinbaren?

Es handelt sich um ein komplexes Phänomen und es mag viele Ursachen geben, aber ich denke, die Wurzel des Problems liegt darin, zu akzeptieren, ein Mensch zu sein und nicht Gott. Ich bin ein Mensch, mit meinen Talenten und Stärken, meinen Schwächen und Fehlern. Indem ich akzeptiere, dass Gott Gott ist, kann ich als Mensch leben.

Ich muss nicht ständig gelobt werden, denn ich lebe nicht von der Anerkennung anderer. Ich lebe, weil Gott es gewollt hat und weil er mich liebt. Ich habe eine unveräußerliche Würde als Kind Gottes, egal ob ich Erfolg habe oder nicht. Ich muss keine Angst haben, Fehler zu machen, denn Gott kommt mir entgegen und vergibt mir immer, wenn ich mich ihm zuwende. Er zeigt mir den Weg. Ich kann nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.

Ja, unser Selbstvertrauen und unser Glaube an diese Liebe Gottes sind manchmal sehr schwach. Und dann können wir mit den Aposteln bitten: „Stärke unseren Glauben!“ (vgl. Lk 17,5) Es wird wichtig sein, anzuerkennen, dass wir Diener sind, wir müssen unsere Aufgaben erfüllen. Wir sind nicht die Herren der Welt oder der Menschen.

Für mich ist das Beispiel dieser demütigen Liebe der heilige Franziskus von Assisi, der am 3. Oktober 1226 gestorben ist. Er lebte „die Weisheit eines Armen“ (vgl. Buch von Eligius Leclerc).

Er lebte nicht, um von den Menschen geliebt und beklatscht zu werden, sondern er lebte in Armut aus Liebe zu Gott und gab diese Liebe an alle seine Nächsten weiter. Er lebte in Armut, damit er in keiner Weise auf sich selbst zählen konnte, sondern alles von Gott erwartete. Er lebte arm, weil es für ihn der Weg war, aus Gottes Reichtum, aus seiner Barmherzigkeit zu schöpfen.

Das ist das Geheimnis des Glaubens: Es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen Gott und uns. Wir sind nicht auf Augenhöhe. Und doch ist er gekommen, um uns zu suchen. Gleichheit und Solidarität können trösten und stärken. Aber sich daran zu erinnern, dass Gott viel größer ist als wir und daher viel mehr Macht und Möglichkeiten hat, kann ebenso stärkend sein (vgl. Mauritius Wilde, CiG 40/2025, S.1)

Zu verstehen, dass Gott sich weder manipulieren noch beanspruchen lässt, kann uns aus unserem engen Horizont herausholen. Das erinnert mich an die Worte eines geistlichen Liedes: „Leben wie Christus, immer der Liebe hingegeben, um seinen Lebensweg in Vertrauen, Kraft und Lobpreis zu gehen.“ Das Lob Gottes macht uns frei!

 

Dienstag, 30. September 2025

Zeitfenster

 Predigt 26. Sonntag im Jahreskreis C, Hamburg | Manresa 2025

„Das Fest der Faulenzer ist vorbei!“ Die Lesung aus dem Buch des Propheten Amos überliefert uns eine prophetische Mahnung. Wer sind die „Faulenzer“, von denen Amos spricht? Bei uns werden so nicht selten die Migranten und die Bürgergeld-Empfänger bezeichnet. Bei Amos sind die Reichen gemeint, die Sorglosen und die Selbstsicheren in Samaria, d.h. der reichen Oberschicht in der Hauptstadt des Nordreiches Israel. 

Amos wendet sich hin zum Königspalast, wo die Bewohner in Luxus schwelgen, während andere im Land schuften und in Armut leben. Er klagt nicht nur die Vergötzung des Reichtums an. Er zeigt die Gewissenlosigkeit derer, die Verantwortung tragen. Denn die Schere zwischen Arm und Reich wird im Land immer größer. Den Reichen wird die Verbannung als Strafe angedroht. Von der Form her ist sie Gerichtsandrohung, vom Inhalt her Totenklage über Israel! 

Seine Anklage ist begründet und konkret:

  • Betten aus Elfenbein, d.h. aus den Stoßzähnen Elefanten, sind ein übertriebener Luxus. 
  • Herumliegen und Faulenzen ist nicht das, was man von der Führungsschicht erwarten sollte. 
  • Lämmer aus der Herde zu holen, ist genau das, was ein guter Hirt nicht macht. Die Lämmer sind das Zukunftskapital, das nicht einfach zur eigenen Lust verbraucht werden darf. 
  • Mastkälber sind geplanter Vorrat durch das Jahr, nicht einfach zum beliebigen Verzehr bestimmt. 
  • Grölen ist der Gesang der Betrunkenen, die sich selbst nicht mehr kontrollieren können. 
  • Der Wunsch, wie der große König David zu sein, zeigt, dass die Angesprochenen jedes Maß an gesunder Selbsteinschätzung verloren haben. 
  • Den Wein aus Opferschalen zu trinken ist nicht nur Völlerei, sondern auch eine Verunglimpfung des Kults. 
  • Das Salben mit Öl dient der eigenen Schönheit.

Amos wendet sich an Menschen, die vor allem den eigenen Vorteil im Blick haben, die sich selbst groß machen, indem sie andere hassen, die Mauern und Paläste bauen, statt Brücken zu errichten, die Macht zelebrieren und willkürlich als Methode einsetzen, die sich als Elite sehen, aber in Wirklichkeit den Untergang herbeiführen. Ist das alles so weit weg?

Ich finde es bemerkenswert, dass in den vergangenen Tagen, nach der Ermordung von Charlie Kirk, mehrere deutsche Bischöfe und Verantwortliche verschiedener Couleur in der Kirche in Deutschland die Trauerfeier für Kirk und die menschenverachtende und willkürliche Politik von Präsident Trump insgesamt kritisiert haben, u.a. Stefan Oster. https://katholisch.de/artikel/64541-bischof-oster-ruegt-trumps-auftritt-bei-trauerfeier-fuer-charlie-kirk Ähnlich Klaus Mertes: https://www.katholisch.de/artikel/64590-jesuit-mertes-kritisiert-kirk-trauerfeier-als-anmassende-veranstaltung

„Ihr, die ihr den Tag des Unheils hinausschieben wollt, führt die Herrschaft der Gewalt dabei.“ (Am 6,3), so heißt es im Kontext dieser Stelle. Amos erwartet nicht, dass er mit seinen Gegenpredigten den Verblendeten die Augen öffnen kann. Doch er hofft wohl auch, „dass das absehbare Desaster nicht zu viele Unschuldige mit in den Abgrund reißt.“ 

*

Im Lukas-Evangelium hörten wir eine Beispiel-Geschichte von einem reichen Mann, dessen Namen nicht genannt wird, und von dem armen Lazarus.

Der Reiche kleidete sich stets mit einem Purpurumhang, wie in Könige tragen, und einer Tunika aus Byssus, feines Leinen oder vielleicht sogar Muschelseide, die aus Ägypten oder Indien importiert wurde. Er gab sich den Freuden des Lebens hin. So ein richtiger Hedonist. Der Arme ist dagegen nicht nur arm, hingeworfen vor die Türe, sondern auch noch krank. Von seiner Kleidung wird nicht geredet. Er ist wohl nackt und hat Geschwüre, die sich durch den Kontakt mit den Straßenkötern weiter entzünden. 

Lazarus wird von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Abraham ist der Vater der Glaubenden und der Beschützer der Gerechten. In Abrahams Schoß zu sein, ist ein jüdisches Bild für die Nähe und Verbundenheit mit Abraham beim messianischen Mahl.

Und dann ist da im Jenseits vom tiefen, unüberwindlichen Abgrund die Rede (Lk 16, 26) zwischen dem Reichen, der in der Unterwelt ist, und Abraham, der in Lazarus Schoß ruht. Über diesen Abgrund kann niemand gelangen, selbst wenn er wollte. 

Dieser Abgrund, diese Kluft ist nicht erst im Himmel entstanden, sondern sie ist schon zu Lebzeiten entstanden. Denn es ist nicht nur die Armut der Armen, die allen Reichtum fragwürdig macht. Die Gefahr, in der der Reiche lebt, besteht schon zu Lebzeiten darin, dass der Reiche nichts anderes mehr sehen kann als seinen Reichtum. Die Kluft entsteht schon hier. Polarisierung gibt es schon hier.

Der Unterschied zum Jenseits ist dann: Die Kluft wird unüberwindlich. Das Schicksal lässt sich dann nicht mehr ändern. 

Auch Jesus findet also – wie Amos – zu einer prophetischen Kritik des Reichtums, von der besonders der Evangelist Lukas Zeugnis gibt. Und er mahnt uns, das „Zeitfenster“, das wir in diesem Leben haben, zu nutzen, um diese Kluft zu überwinden, um hinüberzugelangen.

Nichts, dass wir alle arm werden sollen. Sondern wir sollen darauf achten, dass nicht für den Reichtum Gottes, für seine Liebe und seinen Trost, in unserem Leben kein Raum mehr ist.

Es geht um den wahren Reichtum, um das, was uns wirklich reich bzw. arm macht – in diesem Leben und in dem anderen. So wie es der hl. Basilius, Bischof von Cäsarea in Kappadokien, im 4. Jahrhundert konkret und geistlich zugleich formulierte.

„Dem Hungrigen gehört das Brot, das du zurückhältst, dem Nackten das Kleidungsstück, das du im Schrank verwahrst, dem Barfüßigen der Schuh, der bei dir vergammelt, dem Bedürftigen das Silber, das du vergraben hast. Aber du bist mürrisch und unzugänglich, du gehst jeder Begegnung mit einem Armen aus dem Weg, damit du nicht genötigt wirst, auch nur ein Weniges abzugeben. Du kennst nur die eine Rede: Ich habe nichts und kann nichts geben, denn ich bin arm. Ja, arm bist du wirklich: arm an Liebe, arm an Gottesglauben, arm an ewiger Hoffnung.“ (Basilius von Cäsarea, 4. Jh.)

Was macht uns wirklich reich? Welche Haltung braucht es? Und welche konkreten Taten? „Jesus Christus, der reich war, wurde aus Liebe arm. Und durch seine Armut hat er uns reich gemacht.“ (vgl. 2 Kor 8,9)

Es geht nicht darum, „Alarm“ zu schreiben. Es geht nicht darum, die Kluft zu vergrößern, aber es geht darum, auf das „Zeitfenster“ aufmerksam zu machen, das wir haben. Auf die Entscheidung, in die hinein wir gestellt sind und auf das Vertrauen, dass für jene, die an Gott glauben und danach handeln, wahres Leben in Fülle verheißen ist.


Montag, 22. September 2025

Rettung und Erlösung


Predigt 25. Sonntag im Jahreskreis C, Hamburg | Manresa

Les: Am 8,4-7; 1Tim 2,1-8; Lk 16,1-13

Vor einigen Wochen kam abends, nach der Maresa Messe, eine Frau zu mir. Wir standen noch auf dem Kirchplatz, bei Manresa-Night, mit einem Getränk zusammen. Sie sprach mich an, ob ich mit ihr beten würde. Sie habe es leider nicht zur Messe geschafft. So habe ich die Kirche noch einmal aufgeschlossen und wir haben dort am Taufbecken gebetet. Sie war deutlich, im Gesicht, von einer schweren Krankheit gezeichnet. 

Zunächst haben wir in Stille gebetet und dann laut gemeinsam das Vaterunser. An einer Stelle setzte sie aus: „wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Das betete sie nicht mit. Ich habe sie dann gefragt, warum sie das ausgelassen habe. Sie sagte, das könne sie nicht beten, denn es sei so schwer, den Menschen zu vergeben, die ihr schweres Leid und Unrecht zugefügt hätten. Und sie verstehe nicht, warum sie erst anderen vergeben müsse, damit Gott ihr vergebe. Ich war vollkommen erstaunt. Offensichtlich gab es ein Missverständnis. Sie hat das Gebet so verstanden: in dem Maß, wie wir unseren Schuldigern vergeben, vergibt uns auch Gott.

Das steht da nicht. Und das ist auch nicht so gemeint. Es war allerdings schon das zweite Mal, dass ich diesem Missverständnis innerhalb von kurzer Zeit begegnet bin, deshalb erwähne ich es hier. 

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ meint: in dem Maß, wie wir von Gott unsere Schuld vergeben bekommen haben, sollen wir auch anderen, die an uns schuldig geworden sind, vergeben. Also: zuerst ist die Erfahrung der Vergebung durch Gott, der uns entgegenkommt, wie der barmherzige Vater seinem Sohn, bedingungslos und mit offenen Armen. Danach und aus dieser Erfahrung der unbedingten und unwiderruflichen Liebe Gottes mögen auch wir die Kraft und den Mut erhalten, anderen zu vergeben. Das Leistungsdenken: „hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“ hat im christlichen Glauben keinen Anhaltspunkt. Wir erlösen uns nicht selbst, sondern bekommen Erlösung und Rettung von Gott geschenkt. Gott streicht die Schuld auf unserem Schuldschein aus, noch bevor wir das bei anderen tun!

*

Ein anderes Missverständnis in den Gebetstexten, mit dem ich vor kurzem konfrontiert wurde: im Hochgebet der Messe heißt es beim Gedenken an die Verstorbenen: „Gedenke unserer Brüder und Schwestern, die entschlafen sind in der Hoffnung, dass sie auferstehen. Nimm sie und alle, die in deiner Gnade aus dieser Welt geschieden sind, in dein Reich auf.“ (Hochgebet II)

Ein junger Mann fragte mich, wer dort gemeint sei, bei diesen Menschen, die „in Gottes Gnade entschlafen sind“. Ob das eine bestimmte, auserwählte Gruppe sei?

Er las diesen Text als eine Einschränkung. Es gibt jene, die an Jesus Christus glauben, die getauft sind, die in der Gemeinschaft der Kirche leben und mit der Hoffnung, dass sie auferstehen. Sie werden als „Schwestern und Brüder“ bezeichnet. Und dann gibt es jene, die in der Gnade Gottes aus dieser Welt geschieden sind. Das ist aber keine Einschränkung, sondern eine Ausweitung!

Denn wer sind jene, die in der Gnade Gottes leben? Das sind doch alle Menschen! So haben wir es heute in der zweiten Lesung aus dem ersten Brief an Timotheus gehört.: „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.“ (1Tim 2,4)

Es gibt die Freiheit bei Menschen, dieses Angebot des Heils durch Gott abzulehnen. Aber grundsätzlich gilt die Gnade Gottes allen Menschen! Alle sollen gerettet werden! (vgl. Tit 2,11: die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten.)

*

Damit sind wir mitten in der Dynamik der heutigen zweiten Lesung aus dem ersten Brief an Timotheus. Dort geht es um eine „lehrhafte Darlegung von der Rettung aller durch das Trauen in Christus.“ (Baumert, S. 21). Das Trauen Gottes ist das große Thema in diesem Brief, in seiner doppelten Bedeutung: dass Gott den Menschen traut und dass die Menschen Gott trauen. Nicht nur vertrauen, sondern auch ihm etwas zutrauen, - weil Gott selbst sein Vertrauen in die Menschen setzt, seine Gnade und Zuwendung schenkt und dem Menschen etwas zutraut: yes, you can!

„Vertrauenswürdig ist die Botschaft!“, so setzt dieser Briefabschnitt ein, und es geht darum, dass Timotheus und seine Gemeinde aufgefordert werden, um günstige Voraussetzungen für die Annahme von der Rettung aller Menschen zu bitten. Durch Bitte, Lob, Fürbitte und Dank als den vier Formen des Gebets für alle Menschen, besonders für jene, die Verantwortung tragen für die Lebensumstände, unter denen die Gemeinde lebt. Ja, alle sollen gerettet werden und zu Erkenntnis der Wahrheit gelangen (wörtlich: „Wahrheit zu-erkennen“). 

Die Begründung, warum alle Menschen gerettet werden, ist eine dreifache:

  • Es gibt nur einen Gott. D.h. dieser Gott ist ein Gott für alle Menschen.
  • Es gibt nur einen Mittler von Gott zu den Menschen, nämlich Jesus Christus, der sich persönlich eingesetzt hatte, gleichsam als Heilmittel für alle.
  • Es gibt das Zeugnis, in diesem Fall des Paulus, mit seinen eigentümlichen Effekten und Wirkungen, je neu.

„Es geht um den Aufweis, dass die vertrauenswürdige Botschaft von der Rettung aller universale Wirkung hat.“ (Baumert, S. 15). Und eben nicht eingeschränkt wird durch gewisse identitäre Bewegungen und Ansichten.

*

Erlösung und Rettung sind große Worte, und die Übersetzung vom Lösegeld, die wir aus der Einheitsübersetzung (EÜ) gehört haben, führt in die falsche Richtung.

„Christus macht sich nicht zum Lösegeld, das etwa dem Tod oder irgendwelchen Mächten, die den Menschen gefangen halten, bezahlt würde. Erst recht nicht ist an eine Bezahlung unserer Schulden an Gott gedacht, wie wenn Gott unversöhnlich wäre und von seinem Sohn besänftigt werden müsste! Vielmehr geht die Initiative zur Erlösung ja gerade von Gott aus, der einen Mittler geschickt hat, der sich persönlich engagiert und sich den Menschen als Helfer zugewandt hat. […] Wenn der Retter-Gott einen Mittler schickt, um die Menschen aus der Bindung an die Sünde zu lösen, so verkauft er den Mittler nicht an den Tod, sondern steht dieser ganz im Dienst der Lebensvermittlung an die im Tod befangene Menschheit. [Es ist …] Jesu Einsatz gemeint, mit dem er sich in seinem irdischen Leben jeweils den betreffenden Menschen zuwandte, nicht nur punktuell sein Kreuz am Tod oder seine Zuwendung im Sterben. Dies ist immer eine Einladung, als Angebot an die Menschen, selbstverständlich nicht über ihre Köpfe hinweg, sondern in Einbeziehung ihrer Freiheit.“ (Baumert, S. 25)

Dieses Heils-Handeln Gottes, geschieht durch das Zeugnis, immer wieder neu mit seinen eigentümlichen Wirkungen und Effekten, wenn es verkündet wird. Dafür sind wir heute Abend zusammengekommen! 


Literatur: Nobert Baumert / Maria-Irma Seewann, Hirte der Hirten. Übersetzung und Auslegung der Briefe an Timotheus und an Titus, Würzburg (echter) 2019.


Montag, 15. September 2025

Allein, wir sind allein

Brustkreuz von Papst JP II


Kreuzerhöhung - Sonntag, 14.9.2025, Predigt | Hamburg, Manresa

Les: Num 21,4-9; Phil 2, 6–11; Joh 3,13-17

„Die Kreuzwege des Lebens gehen wir immer ganz allein“, so singt Reinhard Mey, der Singer-Songwriter aus der Generation meiner Eltern, den ich als Jugendlicher gerne gehört habe. Ich habe seine Lieder auf der Gitarre nachgespielt. „Über den Wolken“ wird vielen von Ihnen noch vertraut sein. Das Lied „Allein“ aus seinem Album „Farben“ von 1990 ist wohl weniger bekannt. Darin blickt er zurück auf sein Leben, mit Dankbarkeit für Freundschaften und Zuneigung, für gemeinsame Erlebnisse. Und doch erkennt er schmerzlich, dass immer in den besonderen, und intensiven Momenten des Lebens die Einsamkeit an die Türe klopft.

„Allein, wir sind allein“, so heißt es im Refrain, „wir kommen, und wir gehen ganz allein. Wir mögen noch so sehr geliebt, von Zuneigung umgeben sein: die Kreuzwege des Lebens gehen wir immer ganz allein.“

Was sind diese Kreuzwege? Mey beschreibt sie in den Strophen kurz und nachvollziehbar: als kleiner Junge auf dem Schulhof, der wegen seines Aussehens und seiner Noten gemobbt wird; als mutiger Anführer einer politischen Bewegung, bei der sich viele dann im entscheidenden Moment verdünnisieren; als erfolgreicher Musiker, den alle feiern und der am Ende doch nur ein Teil der Musikindustrie ist; als Mensch, der gute Gefährten verliert, und Krankheit und Leid und Tod erfährt.

„Allein, wir sind allein. Wir kommen, und wir gehen ganz allein. Wir mögen noch so sehr geliebt, von Zuneigung umgeben sein: die Kreuzwege des Lebens gehen wir immer ganz allein.“

„Kreuzwege des Lebens“ kennt jede und jeder. Wir erfahren Sie alle in bestimmten Momenten unseres Lebens. Und dann stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen. Reinhard Mey kann bei aller Dankbarkeit für das Leben dem Kreuz letztlich keine positive Seite abgewinnen. Das Kreuz bleibt das Zeichen für Leid, für Gewalt und Grausamkeit, die Jesus erlitten hat. Am Ende bleibt nur die Einsicht, dass der Tod zum Leben gehört. Und eben auch die Einsamkeit des Menschen.

Anders klingt das Lied Nummer 275 aus dem Gotteslob, das Bernhard Schellenberger in den siebziger Jahren als Hymnus für das Stundengebet komponiert hat. Auch dieses Lied spricht von Einsamkeit und Kreuz, aber es stimmt eine ganz andere Tonart an:

„Selig, wem Christus auf dem Weg begegnet, um ihn zu rufen, alles zu verlassen, sein Kreuz zu tragen und in seiner Kirche für ihn zu wirken.“

Diese Verse beschreiben den Trost und das Glück, das sich einstellt, wenn ein Mensch in Leid und Einsamkeit, die Nähe des Auferstandenen erlebt, unterwegs, auf dem Weg. Und dann einen Ruf, einen dreifachen Anruf hört: alles zu verlassen, das Kreuz zu tragen und in der Kirche für ihn zu wirken. Ist es das eigene Kreuz, das ertragen soll oder das Kreuz Christi? Das bleibt an dieser Stelle offen.

Die Kreuzwege sind real, das Leid ist nicht einfach weg, und doch bleibt in dieser Wüstenerfahrung von Einsamkeit und Lebensverlust eine stärkende Kraft, die durch die Gegenwart Christi geschenkt wird. „Christus schenkt ihm (diesem Menschen) durch Leiden Anteil an der Freude.“ Das ist das Geheimnis des Kreuzes, das so schwer zu begreifen ist und das oft so missverstanden wird.

Das Kreuz ist, für sich gesehen, ein Zeichen des Todes. Es ist ein grausames Folterinstrument der römischen Machthaber gewesen, deswegen seiner Unmenschlichkeit nicht für römische Bürger verwendet werden durfte. Es ist ein Zeichen der Gewalt, die Menschen anderen Menschen antun. Es ist ein Zeichen der Unterdrückung und des Hasses.

In dem Moment jedoch, wo ein Mensch auf Hass und Gewalt nicht mit Rache und Vergeltung reagiert, sondern voller Liebe und Vergebung diese Folter erduldet, durchbricht er den Kreislauf des Todes. Und wenn dieser Mensch im Frieden und dem Namen Gottes handelt, wenn er Sünden vergibt und Heilung schenkt, wenn in seinem Handeln Gott selbst gegenwärtig wird, und wenn Menschen ihn bekennen als den Sohn Gottes, dann leuchtet in seinem Sterben die Liebe Gottes auf, die stärker ist als der Tod.

Der römische Hauptmann, der sah, auf welche Weise Jesus am Kreuz starb, nämlich voller Frieden und mit den Worten: „Vater, vergib ihnen …“, dieser Hauptmann bekennt noch im selben Moment ergriffen und erschüttert: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!“ (Mk 15,39)

Nicht das Kreuz an sich ist das Zeichen des Lebens, sondern durch den Tod Jesu wird das Kreuz zum Zeichen des Lebens, zum großen Pluszeichen unseres Lebens!

Einsamkeit, Leid, Krankheit, Gewalt und Hass bleiben bestehen, aber durch diese Liebe erscheinen sie für den, dem Christus begegnet und der sich in seine Nachfolger rufen lässt, in einem anderen Licht. Einfach deshalb, weil er nicht allein ist auf dem Kreuzweg seines Lebens. Weil er einen Sinn im Leid erkennt, nämlich darin die Liebe zu leben. Das ist das Geheimnis des Kreuzes.

Der heilige Ignatius hat mit seinen Gefährten vor bald 500 Jahren eine neue Gemeinschaft gegründet, um Jesus nachzufolgen. Zunächst wollte er sie „Gesellschaft Mariens“ nennen, weil Maria mit ihrem Ja zu ihrer Berufung, mit ihrem Vertrauen auf Gott und mit der Mitwirkung am Geschenk des Lebens auf besondere Weise Gottes Willen in dieser Welt gelebt habt.

Im Ringen mit den Gefährten um die Art und Weise, den Orden zu gründen, zu sammeln, und gemeinsam auf die Weise der Apostel zu leben, hat sich ihm dann mehr und mehr der Name „Gesellschaft Jesu“ nahe gelegt. Doch Ignatius wusste lange nicht, ob das wirklich der Name sein sollte und ob er mit seinen Satzungen (Konstitutionen) auf dem richtigen Weg sei. Er hat trotz der Gefährten viel Einsamkeit und Angst in dieser Zeit erlebt. Und auf dem Weg nach Rom, wenige Meilen vor der Stadt, hatte er dann in einer Kapelle bei La Storta eine Vision, die er als Bestätigung Gottes angenommen hat. Er sah den kreuztragenden Christus und fühlte sich an seine Seite gestellt. Das war seine Berufung!

Später hörte er auch eine Stimme, die zu Jesus sagte: „Ich will, dass du diesen (gemeint ist Ignatius) zu deinem Diener annimmst.“ Und wie als Antwort den Satz Jesu an ihn selbst: „Ich will, dass du uns dienst.“ Mit Jesus sein, mit dem kreuztragenden Jesus sein, das ist die Freude und die Hoffnung und die Liebe seines Lebens!

„Selig, wem Christus auf dem Weg begegnet, um ihn zu rufen, alles zu verlassen, sein Kreuz zu tragen und in seiner Kirche für ihn zu wirken.“ Amen.

 

Montag, 1. September 2025

Liebe

 


Predigt zur Hochzeit, 30.8.2025

Heute ist ein besonderer Tag, auf den ihr euch lange gefreut habt und für den ihr viel vorbereitet habt. Eure Familie und Freunde sind gekommen, um mit euch den Bund fürs Leben zu feiern. 

Dass ihr beide euch gesucht und gefunden habt, ist schon etwas Besonderes! Es hat mit dem Mut von N. zu tun, aus XY zum Studium nach Deutschland zu kommen! Es hat auch mit der Offenheit von N. zu tun, der mit mehreren Geschwistern und Sprachen aufgewachsen ist.

Vor sechs Jahren habt ihr euch kennengelernt. Ihr lebt seit drei Jahren gemeinsam in Hamburg. Seitdem ist einiges euch geschenkt worden: Ihr habt erlebt, wie erfüllend es sein kann, füreinander und für andere Lebewesen Verantwortung zu übernehmen. Ihr habt entdeckt, wie Liebe und Freundschaft wachsen. Ihr habt im Glauben erkannt, dass unser Leben von Gott getragen und gewollt ist und dass er uns in Jesus Christus seine Freundschaft schenkt. Die Taufe und Firmung von N., vor einigen Monaten hier in dieser Kirche, war ein sichtbares Zeichen dieser Liebe und Freundschaft Gottes für euch beide.

Was bedeutet Liebe für euch? Was bedeutet es, wenn ihr heute in dieser Kirche vor den Altar Gottes tretet, um eure Liebe segnen zu lassen? Es gibt heute in unserer Welt und insbesondere in der europäischen Kultur verschiedene Formen von Beziehungen, verschiedene Weisen zu lieben. Insbesondere in Hamburg kann man alle Formen und Farben treffen.

„Liebe ist Liebe!“, sagen manche Leute und setzen sich für Toleranz ein. Toleranz ist wichtig, niemand soll wegen seiner Orientierung diskriminiert werden! Aber Liebe ist doch wirklich sehr unterschiedlich! Es gibt die treue Liebe, die geduldige Liebe, die stürmische Liebe, die selbstbezogene Liebe, die auf den Genuss ausgerichtete Liebe, die Liebe in einer langen Freundschaft, die Liebe der Eltern zu den Kindern oder der Kinder zu den Eltern, die Liebe, die nicht loslassen kann, die selbstlose Liebe im Dienst an anderen. So viele Formen der Liebe, alle unterschiedlich, alle gut?

Die Auswahl der Lesungen heute zeigt, dass ihr durch den Glauben eine besondere Form der Liebe erkannt habt und gesucht habt. In der Lesung aus dem Buch Hosea ist von einer Liebe die Rede, die mit Gerechtigkeit und Recht, mit Barmherzigkeit und Treue verbunden ist. Das ist die Weise, wie Gott sein Volk Israel liebt. Und wenn das Volk ihn auf diese Weise entsprechend liebt, dann wird es Gott als den Gott des Lebens erkennen.

Es geht um eine innige Vertrautheit in dieser Gottesbeziehung, wie in einem ehelichen Verhältnis, mit Ehrfurcht und Respekt vor dem anderen, mit der Bereitschaft, sein Herz zu öffnen und dem anderen zu dienen. Es geht nicht um Unterordnung oder Herrschaft oder Nutzenoptimierung oder Ansehen oder was auch immer.

Diese Weise einander zu lieben, nennt Jesus ein Gebot. Wir dürfen dieses Wort nicht verwechseln mit Gesetz, sondern eher wie in den zehn Geboten als eine Weisung zum Leben verstehen.

Seine Weisung zum Leben ist, dass wir miteinander in Beziehungen leben, die auf Liebe, Freundschaft und Hingabe gründen. Dabei ist Gott kein Herrscher, der uns straft oder belohnt wie Knechte, sondern in Jesus Christus bietet er uns seine Freundschaft an. „Ich nenne euch nicht mehr, Knechte, denn der Knecht weiß nicht, was ein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt, denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15)

Was bedeutet also Liebe für euch? Was bedeutet es, dass ihr heute vor den Altar Gottes tretet, um eure Liebe segnen zu lassen?

Ich glaube, es ist eine Liebe, die von der Freundschaft Gottes mit den Menschen und besonders von der Freundschaft Gottes in Christus mit euch beiden geprägt ist.

Der heilige Ignatius hat in seinen Exerzitien eine Übung eingefügt, um Liebe zu erlangen. Dort beschreibt er in den Vorbemerkungen, was er mit Liebe meint, was er darunter versteht. Er sagt:

„Zunächst sollte man zwei Dinge beachten. Das erste ist, dass Liebe mehr in Taten als in Worten zum Ausdruck kommen soll.“ (EB 230) Oft stimmen unsere Taten nicht mit der Liebe überein, die wir bekunden. Wir reden viel, aber wenn ich etwas sage, halte ich es auch ein. Und vor allem: mehr tun als reden, das ist wirksamer.

Wie wichtig ist doch die Liebe in unserem Leben! Der heilige Augustinus sagt: „Liebe und tu, was du willst“. Sobald wir uns entschließen, wirklich zu lieben, bleibt das Gesetz für uns zurück, denn alles, was wir tun, wird aus Liebe geschehen. Aber damit diese Liebe so verstanden wird, wie sie ist, muss noch eine weitere Klarstellung erfolgen...

Zweite Anmerkung: „Liebe besteht in der Kommunikation beider Seiten. Das heißt, der Liebende gibt und teilt dem Geliebten, was er hat oder was er kann. Und umgekehrt der Geliebte dem Liebenden. Wenn also der eine Wissen hat, soll er es dem anderen geben, der es nicht hat; wenn er Ehre und Reichtümer hat, soll er sie dem anderen geben, und so weiter.” (EB 231)

Liebe besteht im Mit-Teilen. Vielleicht ist diese Klarstellung noch notwendiger als die erste. Der heilige Ignatius unterscheidet zwischen der Liebe, die man zu etwas zum eigenen Vorteil empfindet; in dieser Liebe liebe ich nur mich selbst. Diese Liebe unterscheidet sich sehr von der Liebe der Güte: bene volere, das Gute wollen, das Gute für den anderen wollen. Es ist typisch für den Menschen, dass er, wenn er den anderen liebt, nicht sich selbst sucht, sondern das Wohl des anderen. Es ist die Liebe der Freundschaft, wenn sie gegenseitig ist, und in unserem spirituellen Leben, gegenüber Gott, wird sie Nächstenliebe genannt.

Man sagt auch, dass Liebe vereinigend ist. Nicht in dem Sinne, dass ich den anderen Menschen vereinnahme! Sondern wenn ich durch diese Liebe ihm Gutes tue, dann bedeutet das, mir selbst in gewisser Weise Gutes zu wünschen, weil die Liebe so stark ist, dass ich mich selbst in dieser Beziehung als den Geliebten erkenne, wenn ich Liebe schenke.

Möge Gott Euch diese Liebe geben und wachsen lassen! Amen.

 

Demut


Predigt 22. Sonntag im Kirchenjahr C – 2025 Kleiner Michel 19 Uhr

Les: Sir 3,17-18.20.28-29; Hebr 12,18-19.22-24a; Lk 14,1.7-14

Im Evangelium nach Lukas lassen sich einige große Linien ausmachen, Themen oder besser: Haltungen, die seine Perspektive auf Jesus Christus und das, was Gott uns mit ihm geschenkt hat, eröffnen. Es sind dabei drei Motive, die immer wiederkehren, wie in einer großen Sinfonie bestimmte Klangfolgen, die auftauchen und den Zusammenhang verdeutlichen. Es sind drei Wort Paare, die jeweils ein Motiv kennzeichnen: suchen und finden, bitten und empfangen, anklopfen und öffnen.

1/ Das bekannteste Motiv ist das vom „suchen und finden“ bzw. „gefunden werden“. Fallen Ihnen spontan einige Gleichnisse dazu ein? Das verlorene Schaf aus der Herde und die verlorene Drachme, die wieder gefunden wird (Lk 15). Der verlorene Sohn, der vom barmherzigen Vater wiedergefunden wird. Und schließlich der Zöllner Zachäus, bei dem Jesus zu Gast ist. Diese Geschichte, am Ende des Weges Jesu nach Jerusalem, endet mit dem Satz: „Denn der Menschensohn ist gekommen zu suchen und zu finden, was verloren ist.“ (Lk 19).

Viele Menschen sind auf der Suche nach Glück, nach Sinn, nach Erfüllung. Für Lukas ist es wichtig, dass wir selbst uns auf die Suche begeben, vor allem aber, dass wir von Gott gefunden werden. Uns finden zu lassen, aus der Komfortzone heraus gehen, altes loslassen und sich für Neues öffnen: Das ist die Haltung, die zum Gottes Reich passt.

2/ Das zweite Motiv: „bitten und empfangen“. Dieses Motiv klingt vor allem beim Thema Gebet an. Jesus selbst bittet immer wieder. Er zieht sich zum Gebet zurück. Dass man beharrlich bitten soll, wie ein Freund zu einem Freund spricht, ja sogar wie eine nervige Witwe vor dem Richter oder wie ein sündiger Zöllner, ganz einfach hinten im Tempel, mit einem einfachen Satz: Dazu ermutigt Jesus seine Jünger immer wieder!

Ehrfurcht sollen sie haben, aber keine Scheu. Sie sollen sagen, was notwendig ist. Bitten bedeutet, das zu formulieren, was ich jetzt gerade wünsche und brauche. Viele denken immer: Gott weiß doch eh‘ schon alles! Warum soll ich die Dinge noch extra formulieren? Ja, er weiß es, aber eine Bitte verändert uns, sie öffnet uns, macht uns verletzlich.

Schon einige Male habe ich von meinem Pilgerweg erzählt, als wir im Noviziat ohne Geld gepilgert sind, das war das eine sehr eindrückliche Erfahrung: zu betteln, d.h. andere um das nötigste zu bitten. Das hat Überwindung gekostet, vom stolzen Ross herunter, aber es bringt ihm die Begegnung. Ich habe Menschen kennengelernt, den ich sonst nie begegnet wäre und ich bin in einer Offenheit und Freiheit gekommen, die ich vorher nicht gekannt habe. Wer selbst nichts in den Händen hat, hat die Hände offen für andere.

3/ Und schließlich das dritte Motiv: „anklopfen und öffnen“. „Wenn die Hoffnung leise anklopft“: Hören, wenn Jesus an die Tür des Herzens klopft und ihm dann öffnen. Den Mut haben, selbst hinauszugehen, Begegnungen zu suchen, ohne zu wissen, was passiert. Bei Lukas geht Jesus viele Male zu anderen Menschen und ist bei Ihnen zu Gast. Er war eingeladen, bei seinen Freunden: Martha und Maria, bei Simon, dem Pharisäer. Er war eingeladen bei den Zöllnern und Sündern wie Zachäus oder Levi oder, wie in diesem Abschnitt, bei einem „führenden Pharisäer“. (Lk 14)

Als Jugendliche waren wir oft als Sternsinger unterwegs und haben an Türen geklopft. Die Leute haben uns teilweise erwartet, mit einem heißen Kakao an kalten Regentagen. Teilweise waren sie überrascht. Teilweise haben sie auch die Tür vor uns geschlossen. Anklopfen ist immer ein bisschen mit Mut verbunden und mit Großzügigkeit, sich nämlich auf das einzulassen, was mich dann erwartet.

Drei Motive, drei Haltungen, die nicht dem entsprechen, was wir sonst in dieser Welt lernen und vermeintlich brauchen. Statt zu suchen und zu finden: einfach neu kaufen! Statt zu bitten und zu empfangen: einfach selbst machen! Statt anzuklopfen und geöffnet zu bekommen: einfach mit dem richtigen Schlüssel reingehen! Macht und Können, Wissen und Geld, Selbstbehauptung und Ansehen - darum geht es doch! Wie anders ist da die Lebensweise Jesu?!

Bei dem Besuch im Haus des Pharisäers, von dem wir gerade im Evangelium gehört haben, versucht Jesus deutlich zu machen, um welche Haltungen es im Reich Gottes geht. Er erzählt dazu zwei Gleichnisse. Darin geht es nicht um die Tischsitten, sondern um die Haltungen, die mit der Gastfreundschaft verbunden sind.

Die Gastfreundschaft ist ein privilegierter Ort, an dem wir schon einen Vorgeschmack bekommen von dem, worum es im Reich Gottes geht. Denn bei Begegnungen mit anderen Menschen, wie sie geschehen, wenn wir irgendwo eingeladen sind oder andere einladen, zeigt sich viel von dem, wie wir innerlich unterwegs sind. Es lässt sich nicht verbergen! „Die Demut besteht darin, zu wissen, dass es in dem, was man „ich“ nennt, keinerlei Energiequelle gibt, die es ermöglichen würde, sich zu erheben.“ (Simone Weil, pesanteur et grace)

Hier in der Gemeinde am Kleinen Michel initiiert das Gemeindeteam seit einigen Monaten das Projekt „Gastfreundschaft plus“. Es geht darum, Menschen einzuladen, die sich sonst vielleicht nicht begegnen würden, und einen besonderen Gast, der etwas von seinem Leben erzählt und auf diese Weise das gemeinsame Abendessen bereichert.

Einige Gastmähler haben schon stattgefunden, es können noch weitere folgen. Wenn Sie Interesse daran haben, melden Sie sich gerne beim Gemeindeteam. Dieses Projekt hilft uns vor allem, mal zu überlegen, wen wir einladen möchten, wer auf unserer Gästeliste steht. Sind es nur die, die wir kennen? Oder auch Arme und Krüppel?

Die Haltung, um die es dabei geht, nennt sich „Demut“. Das ist keine falsche Bescheidenheit, sondern das ist Mut zum Dienen. So wie es Jesus und vorgelebt hat. Am Ende seines Lebens, am Sederabend, hat er seine Jünger zum Abendessen eingeladen. Sein Abschied war ein mutiger Dienst für die Menschen, den wir heute Abend wieder feiern. Der hl. Franziskus hat die Eucharistie als das „Sakrament der Demut“ bezeichnet. Dazu sind wir jetzt eingeladen.

Freitag, 1. August 2025

Den Seelen helfen


Predigt am Fest des hl. Ignatius, Hamburg 2025 „Den Seelen helfen“

Les: Jer 20,7–9; 1 Kor 10,31–11,1; Lk 14,25–33

Zusammenfassung: Ignatius hat den Zusammenhang zwischen Spiritualität und Psychologie aufgezeigt, aus seiner eigenen geistlichen Erfahrung heraus.

 

Wenn wir heute, an diesem Festtag, an den hl. Ignatius denken, dann können wir uns daran erinnern, dass Ignatius „den Seelen helfen“ wollte und so –vor nun 500 Jahren - auf den Zusammenhang zwischen Spiritualität und Psychologie hingewiesen hat, lange bevor es diese beiden Forschungs- bzw. Wissenschaftsbereiche gab.

1/ Den Seelen helfen – die Grundintuition und Sendung des hl. Ignatius

Seine Grundintention war es, „den Seelen zu helfen“, d.h. andere zu unterstützen, damit sie psychisch / seelisch gesund und heil werden, innerlich und geistlich wachsen und den Sinn ihres Lebens finden. So steht es in den Satzungen der von ihm gegründeten Ordensgemeinschaft, der Jesuiten: „Das Ziel dieser Gesellschaft ist, sich nicht nur mit der göttlichen Gnade der Rettung und Vervollkommnung der eigenen Seelen zu widmen, sondern sich mit derselben Gnade inständig zu bemühen, zur Rettung und Vervollkommnung der Seele der Nächsten zu helfen.“ (Sa 2).

Sich um das Heil und die Vervollkommnung der eigenen Seele zu sorgen, das ist jedem Christen auferlegt, den Mönchen und Ordensleuten sowieso – das ist also nichts Besonderes. Aber sich den anderen zuwenden und ihnen für ihr Heil und ihre Vervollkommnung der Seele zu helfen, das ist die apostolische Aufgabe, der Existenzgrund der Gesellschaft Jesu und ihr „sehr eigentliches Ziel.“ (Sa 603).

„Den Seelen helfen“ – diese Aufgabe ist von der Erfahrung des Ignatius in Manresa im Jahr 1522 her zu verstehen, wo er fast ein Jahr lang gebetet und gefastet hat, viele Eingebungen und Erkenntnisse hatte, viel Freude und Trost, aber auch viele Abgründe und Traurigkeit erlebte und wo er in seinen geistlichen Fragen und Nöten keine Hilfe bekam. Er fand keinen geeigneten Beichtvater und niemand, der ihm beistehen konnte, um zu verstehen, was in ihm vorging. Er erlebte sehr schwere Zeiten von Trostlosigkeit und Depression bis hin zur Verlorenheit und Selbstmordgedanken. Er hatte Hilfe und Heilung nötig.

Er ging einen sehr steinigen und – wie er im Nachhinein sagte – gnadenvollen Weg, weil ihn Gott selbst belehrte, wie ein Lehrer seinen Schüler. Er hat erkannt, was in der Seele eines Menschen vorgehen kann, der sich auf den Weg zu Gott begibt. Und er wollte, dass diese geistlichen Erfahrungen anderen zugutekommen.

Auf welche Weise wollte er den Seelen helfen? Durch Spiritualität! Dieses Wort wird heute viel verwendet. Für Ignatius meint Spiritualität das persönliche Gebet, die Hinwendung zu Gott in der Stille und im Dienst am Nächsten, an den Armen und Kranken, die geistlichen Gespräche, die Reflexion der eigenen Erfahrungen; kurz: das Wirken des Heiligen Geist in der eigenen Seele und im eigenen Leben zu erkennen und in einer persönlichen Gottesbeziehung zu leben. Gott ist da und er sorgt sich um jede und jeden einzelnen. Die Unterscheidung der Geister ist ihm dabei zu einer hilfreichen und wirksamen Methode geworden.

Selbstverständlich zu dieser Zeit gehörte die religiöse Praxis der Kirche dazu: Ignatius nahm am Leben der Kirche teil, empfing die Sakramente, hielt die Buß- und die Feiertage, respektierte das Lehramt, teilte die grundlegenden christlichen und moralischen Werte. Aber letztlich ging es ihm nicht allein um eine religiöse Praxis und Tradition, sondern es ging ihm um die persönliche geistliche Dimension des Lebens.

2/ Den Seelen helfen – Sendung heute

Der Zusammenhang zwischen Spiritualität und Psychologie wurde in den letzten Jahren in der Wissenschaft genauer untersucht. Seit der Aufklärung und nochmal stärker seit der Begründung der modernen Psychotherapie am Beginn des 20. Jahrhunderts gab es eine große Distanz zwischen diesen beiden Wissenschaftszweigen, ja sogar eine Ablehnung, sich mit der geistlichen Dimension des menschlichen Lebens auseinanderzusetzen. Spiritualität wurde als eine persönliche Meinung und Ansicht, vielleicht noch als eine zeitweise hilfreiche Praxis der Vertröstung angesehen; ihr wurde jedoch keine heilende Wirkung zugeschrieben; jedenfalls keine, die wissenschaftlich relevant war.

Spätestens mit der Erforschung von „spiritual care“, d.h. spirituellen Sorge im Pflegebereich im Krankenhaus, wurde das Thema neu gesetzt. Heute gibt es anerkannte Forschungen darüber, dass Spiritualität, d.h. die persönlich gelebte geistige Dimension des eigenen Lebens, eine heilsame Wirkung hat. So ist z.B. nachgewiesen geworden, dass bei Menschen, die zur Depression neigen, kein anderer Faktor so nachhaltig vor Depression schützt wie eine gelebte Spiritualität. (vgl. Lisa Miller, Das erwachte Gehirn, 2022)

Es bedeutet nicht, dass spirituelle Menschen nicht depressiv werden können oder dass andere Hilfsmittel, wie z.B. Medikamente, gegen Depression nicht helfen würden. Aber viele anerkannte Studien zeigen, dass spirituelle Menschen eher vor Depressionen geschützt sind als andere.

In unserer Welt heute gibt es viele Menschen, die psychologische, seelische Hilfe suchen und Beistand brauchen. Die Zahl der psychisch kranken Kinder und Jugendlichen hat in den letzten Jahren nach Corona in Deutschland erschreckend zugenommen, viele Menschen leider unter Depressionen; in den USA nehmen ein Viertel aller Menschen während ihres Lebens Psychopharmaka, einige über viele Jahre.

Wir können uns fragen: Kann die seelische Not so vieler Menschen nicht vielleicht ein Hinweis darauf sein, dass es an geistlicher Orientierung und schlicht an Spiritualität fehlt? Hat nicht der Verlust der Religion zu einer Sinnkrise geführt, die nun in seelischer Not ihren Ausdruck findet?

Ich sage nicht, dass die fehlende Spiritualität die Ursache für alle seelischen Erkrankungen ist oder dass Spiritualität im Alltag das Allheilmittel sei. Aber könnte es nicht ein wichtiges Heilmittel sein?

3/ Zielgerichtetes und spirituelles Denken verbinden – in aller Freiheit

Spiritualität ist kein Allheilmittel. Es gibt es überall so große Not, nicht nur seelische Not, sondern auch leibliche Not, gerade heute: Die Kriege, vielen Menschen auf der Flucht, der Hunger in Afrika, die Gewalt in Lateinamerika und so fort.

In großer Notlage gilt es, tatkräftig sich einzusetzen und auch für den Leib zu sorgen, wie z.B. mit der Gründung des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in der 1980er Jahren geschah, um den Flüchtlingen aus Vietnam zu helfen, den sogenannten „boat-people“.

Den Jesuiten ist im letzten Jahrhundert immer mehr klar geworden: Vielfach braucht es überhaupt erst eine materielle Grundlage, um sich um geistliche Dinge kümmern zu können. Es braucht das Engagement für Glaube und Gerechtigkeit, für Kultur und Dialog. Den Seelen helfen, das hat oft ganz verschiedene Dimensionen.

Aber trotzdem gilt: Das Augenmerk der Jesuiten soll weiterhin darauf liegen, den Menschen so zu helfen, dass sie sich selbst helfen können, d.h. auch immer die geistliche Dimension im Blick zu haben - und „den Seelen zu helfen“.

Sie sollen also das zielgerichtete, wirksame, rationale Handeln und die spirituelle Dimension in ihrem Tun miteiandern verbinden, ganz so, wie es das Evangelium es heute beschreibt:

Wenn jemand ein Gebäude errichten will, dann betet er nicht zuerst, sondern er rechnet und überlegt er sich, ob seine Mittel reichen, ob er den Bau auch zu Ende bringen kann. Und wenn jemand in eine Auseinandersetzung geht, dann betet er nicht zuerst und sucht nach göttlichen Zeichen, sondern er überlegt sich, ob die Kräfte reichen bzw. ob es nicht bessere, z.B. versöhnlichere Alternativen gibt.

Es gibt viele Dinge im Leben, die brauchen unser zielgerichtetes, rationales Handeln, so wie wir es überall lernen und studieren können bzw. so wie uns die Gesellschaft und der Kapitalismus erziehen. Es ist nicht alles schlecht.

Aber in den entscheidenden Dingen unseres Lebens, in den Fragen nach Sinn und nach Liebe, und wofür ich bereit bin, zu leben, da braucht es auch eine andere Dimension. Wir sollen beides nutzen in der Nachfolge, unsere Spiritualität und unsere Rationalität, in aller Freiheit. Denn wir sind Menschen mit Leib und Seele. Amen.



 

Sonntag, 20. Juli 2025

Gastfreundschaft


Brig, Simplonpass – Gastfreundschaft 

100 Jahre Kapelle der Schwestern von St. Ursula auf dem Simplonpass

Predigt 16 So C 2025 | Les: Gen 18, 1–10a; Kol 1, 24–28; Lk 10, 38–42

1/ Heilige Gastfreundschaft

Gastfreundschaft ist ein hohes Gut, in vielen Kulturen und Religionen. Es bedeutet einen (fremden) Besucher aufzunehmen, zu bewirten und zu beherbergen. In Israel (Lev 19,33-34 / Ex 23,9) wird daran erinnert, dass das Volk in Ägypten selbst in der Fremde gelebt hat. Deshalb soll man den Fremden mit Gastfreundschaft aufnehmen. So wird die Erfahrung der Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten zum eigentlichen Grundmotiv der Gastfreundschaft.

Im Neuen Testament wird für Gastfreundschaft das griechische Wort φιλοξενία verwendet. Es bedeutet „Liebe (zum) Fremden“ oder „Fremdenliebe“. Zur Gastfreundschaft wird im Neuen Testament immer wieder ermahnt und ermuntert. Gastfreundschaft wird zu den Werken der Barmherzigkeit gezählt, nämlich Fremde aufzunehmen. 

Was Gastfreundschaft bedeutet, haben wir in der ersten Lesung gehört. Abraham geht seinem unerwarteten und überraschenden Besuch entgegen und empfängt ihn bei sich. Er lässt Wasser holen, so können sie sich die Füße waschen. Er kümmert sich um Essen und Trinken, holt das Beste, was es gibt. Den Gästen gebührt der Ehrenplatz im Schatten. Abraham selbst bediente die Gäste.

Der Jesuit Christoph Theobald beschreibt in seinem Buch „Christentum als Stil“ den christlichen Glauben als „heilige Gastfreundschaft“. Er nimmt Jesus als Vorbild und sagt: „Der Stil Jesu lässt sich als Gastfreundschaft und bedingungslose Bereitschaft, Leute zu empfangen, beschreiben. Im Neuen Testament ist die Gastfreundschaft ein zentrales Thema. Im Brief an die Hebräer findet sich diese großartige Aussage: «Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.» (Hebr 13,2)“

Und weiter: „In der französischen Sprache wird das Wort «hôte» (»Gast») sowohl für den Gastgeber wie für den Gast verwendet. Dieser Doppelsinn ist von tiefer Bedeutung, denn im Bezug zur Gastfreundschaft betont sie eine Symmetrie zwischen dem Gastgeber und dem Gast. Gastfreundschaft meint dann, beim Gast zu Gast sein, denn erstens ist ein Loslassen von sich selbst damit verbunden und zweitens geht es darum, für jedermann da zu sein, hier und jetzt anwesend und gegenwärtig zu sein.“

2/ Der bessere Teil

Im heutigen Evangelium geht es in Auseinandersetzung zwischen Marta und Maria um die Frage, was Gastfreundschaft konkret bedeutet. Jesus kommt in das Haus seiner Freunde. Die eine, Marta, nimmt ihn freundlich auf: Sie sorgt und müht sich um das Essen, um die Getränke, dass alles schön hergerichtet ist, vielleicht um Blumen und Tischschmuck. Die andere, ihre Schwester Maria, setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte ihm zu.

Wer von den beiden lebt nun wirklich die „heilige Gastfreundschaft“? Einerseits Marta, denn sie kann von sich selbst loslassen, bereitet das Essen für den Gast. Anderseits auch Maria, denn sie ist für Jesus da, ist anwesend und gegenwärtig, eröffnet dem Gast den Raum des Zuhörens und der Zuwendung, damit er schenken kann, was er hat: seine Worte, seine Liebe.

Falsch ist es nun, das eine gegen das andere auszuspielen. Beide Teile gehören zur Gastfreundschaft, eben auch die Offenheit und Bereitschaft zu empfangen und zuzuhören. Darin findet die Gastfreundschaft ihren Sinn. Ohne diese Offenheit wird das Sorgen der Gastfreundschaft zur Selbstbeschäftigung. 

In dem Moment, als sich Marta darüber beklagt, dass Maria ihr die ganze Arbeit allein überlässt, ist die Waage schon gekippt. Für Marta scheint die „notwendige“ häusliche Arbeit das eigentlich Wichtige, das Entscheidende bei der Gastfreundschaft zu sein. Diesen Fehler korrigiert Jesus, wenn er sagt, dass der andere Teil der „notwendige“ Teil ist, nämlich die Offenheit und die Bereitschaft, den Gast zu empfangen. Das ist der „gute Teil“ den Maria gewählt hat; nicht als ob der Teil von Marta schlecht wäre. Aber es ist der wichtige Teil, der entscheidende Teil, „bessere Teil“, wie es früher in der Einheitsübersetzung hieß (EU 1980).

3/ Leib und Geist

Zum geistlichen Leben gehört beides „ora et labora“. Abgesehen davon, dass es die höchste Kunst ist, wenn die tätige Nächstenliebe selbst zum Gebet wird („contemplativus in actione“). Aber auch dann wird es auch immer wieder Zeiten von Sorge und Mühe geben, neben der Hingabe und der Freude in der Beziehung zu Jesus.

Manchmal wird das geistliche Leben mehr „ora“ sein, manchmal mehr „labora“. Das Entscheidende aber ist das „et“, dass eben im eigenen Leben beides vorkommt. 

Denn wir Menschen sind Leib und Geist. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Sicherlich kommt es im geistlichen Leben vor allem auf die geistliche Beziehung zu Jesus an. Wir sollen auf ihn hören. Die Aufmerksamkeit des Herzens, die geistliche Offenheit, das ist der eigentliche Sinn des Glaubenslebens. Aber dazu braucht es eben auch die Sorge und die Mühe, die leibliche Anstrengung. 

Abbas Agathon sagte: „Der Mensch gleicht einem Baum. Das Blattwerk bedeutet Mühsal (labor) des Leibes, die Frucht bedeutet die innere Aufmerksamkeit. Im Hinblick auf diese Frucht müssten wir uns vollkommen der Aufmerksamkeit des Herzens hingeben. Aber der Schutz und die Kraft der Blätter, d.h. der leiblichen Anstrengungen, sind nicht minder notwendig.“ (Apophtegmata 8, zitiert nach: Louf, André, In uns betet der Geist (Beten heute 5), Einsiedeln, Trier 1989)

Zitate aus: Christoph Theobald, Es lohnt sich Europäer zu sein: https://www.kath.ch/newsd/es-lohnt-sich-europaeer-zu-sein/


Montag, 23. Juni 2025

Bekenntnis zu Jesus Christus


Predigt 12. Sonntag im Jahreskreis C Hamburg 2025

Sach 12,10-11; 13,1; Gal 3,26-29; Lk 9,18-24

„Kennen Sie dieses peinliche Schweigen, wenn ein Bekannter in gemeinsamer Runde ein Bekenntnis ablegt, mit dem viele offenbar nichts anzufangen wissen, zum Beispiel ein tiefgläubiger Christ zu sein, also an Gott als allmächtigen Schöpfer zu glauben, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn? – Ernsthaft? Machst du jetzt Witze? Nur, damit wir uns richtig verstehen: Eine Frau bringt den Sohn Gottes zur Welt, der am Kreuz stirbt für unsere Sünden und seitdem zur Rechten Gottes thront. Und das glauben Sie?“ - Diese Situationen kennt der Journalist Tobias Haberl und er berichtet davon in seinem Buch „Unter Heiden. Warum ich trotzdem Christ bleibe“ (2024).

Das Bekenntnis zu Jesus als dem Christus, d.h. als dem Messias ist heute in München oder Hamburg genauso wenig selbstverständlich, wie es zur Zeit des Evangelisten Lukas in Griechenland war, von dem wir gerade gehört haben. Und auch zu Lebzeiten Jesu war es alles andere als selbstverständlich. Dieser Jesus hat provoziert.

Die Begegnung mit Jesus machte den Menschen damals deutlich: hier ist mehr als nur ein Mensch. Sie nannten ihn Retter, Erlöser, Heiland. Vor allem sein eigener Anspruch, dass er im Namen Gottes handelte und Sünden vergab, d.h. dass er die Menschen von allem, was sie von Gott trennt, befreite – was eigentlich nur Gott selbst tun kann – hat irritiert und provoziert.

Ihm gegenüber gab es - und gibt es am Ende auch für uns nur drei Möglichkeiten: Entweder war Jesus verrückt und wusste nicht, was er da sagt, oder er war ein Betrüger, der uns ganz bewusst belogen hat, oder es stimmt und er ist wirklich der, der er zu sein behauptet. Der englische Schriftsteller C.S. Lewis drückt es so aus: „Du musst selbst entscheiden. Entweder war und ist dieser Mann Gottes Sohn, oder verrückt, oder noch Schlimmeres [...] Aber lassen wir uns nicht auf diesen Unsinn ein, er sei ein großer ethischer Lehrer der Menschheit. Diese Möglichkeit hat er uns verwehrt, und zwar aus Absicht.“

Bleibt also die Frage: Wer ist dieser Jesus? Für wen halten Sie diesen Jesus?

1/ Bekenntnis zum Sohn Gottes

Sein Name ist uns bekannt: Jesus Christus. Dieser Name bedeutet: Gott rettet. Christus ist eine Ehrenbezeichnung: Messias, Gesalbter. Dieser Name ist uns offenbart worden. Darin ist eigentlich alles enthalten. Wer mit diesem Namen und in diesem Namen betet, wird erfahren: Dieser Name ist heilsam, wirksam, denn er ist der höchste aller Namen (vgl. Apg 4,13). Das Bekenntnis zu Jesus Christus ist ein Bekenntnis zum Sohn Gottes, dessen Namen wir kennen.

Später, auf dem Konzil von Nizäa vor nun genau 1700 Jahren, hat man gesagt: Jesus sei „wesensgleich“ bzw. „eines Wesens mit dem Vater“. Und man hat Bildworte dafür gesucht, um diese enge Beziehung auszudrücken: „Licht vom Licht“. Oder, wie wir auch sagen könnten: Das Wesen Gottes ist in sich Liebe. Das kommt nicht bei Gott dazu; Gott ist der ewig Liebende und ewig Gebende; in sich selbst und für uns. (Rowan Williams)

2/ Bekenntnis zum Leidenden

Das Bekenntnis zu Jesus Christus ist sodann ein Bekenntnis zu seinem Leiden. Das, was der Prophet Sacharja ankündigt, lesen wir als Christen eine Ankündigung Jesu, eine Ankündigung seines Leidens. Denn der Messias kommt nicht als Sieger, als Held, sondern als der Liebende, der bereit ist, Leiden zu ertragen und auf sich zu nehmen, ohne dabei irgendetwas von seiner Botschaft einzubüßen oder zu verleugnen. Im Gegenteil. Seine Botschaft und sein Lebenszeugnis sind dadurch noch klarer, noch verständlicher, noch glaubwürdiger geworden.

Es muss so geschehen; das ist kein Schicksal oder ein blöder Zufall; sondern es ist das Zusammenspiel von dem leider so erwartbaren Verhalten der Menschen, die in der Sünde gefangen waren, und der Freiheit Jesu in seiner Liebe und Ausrichtung auf Gott zu leben, trotz des Widerstands. „Denn am Abend, an dem er ausgeliefert wurde und sich aus freien Willen dem Leiden unterwarf,“ - so heißt es im Hochgebet der Messe.

3/ Bekenntnis zum Leiden

Und das Bekenntnis zu Jesus Christus ist schließlich auch ein Bekenntnis zum Leiden im eigenen Leben und im Leben der Menschen, die wir lieben. Ich rede selten davon. Dieser Aspekt ist sehr missverständlich und auch oft in der Verkündigung verdreht und teilweise sogar missbraucht worden für eigene Interessen. Aber ich glaube, es liegt darin eine große Gnade und eine tiefe Wahrheit darin, die heilsam ist, anzuerkennen, dass es im eigenen Leben Leiden gibt und dass ich leben und lieben kann trotz Leiden und ja, auch manchmal durch das Leiden hindurch. Denn Jesus spricht nicht nur vom eigenen Kreuz, das er tragen musste; sondern er spricht vom Kreuz im Leben einer und eines jeden von uns.

Wenn Sie ignatianische Exerzitien machen, gibt es vielfach auch das Angebot einer Leibübung am Morgen. Und bei mehreren Exerzitien habe ich schon als eine dieser Übungen das Stehen im Kreuz angeleitet. Der Text dazu lautet: „Ich bin ausgespannt zwischen Himmel und Erde. Zwischen Göttlichem und Menschlichem, Vergangenem und Zukünftigem, Geburt und Tod, zwischen Menschen, Beziehungen. Ich trage mein Leben und manchmal fühlt es sich an wie Kreuz.“

Es gibt immer wieder Menschen, die mich darauf ansprechen und sich in diesen Worten angesprochen fühlen. Und die spüren, dass die Bereitschaft wahrzunehmen und zuzulassen, dass es im eigenen Leben auch das Leid gibt, das ich nicht möchte und nicht suche, tatsächlich heilsam sein kann. Dass nicht alles perfekt sein muss. Dass Gott möchte, dass wir glücklich werden, glaube ich. Dass der Schmerz, Verlust, Leid und auch das Gefühl der Gottesferne nicht bedeuten müssen, dass Gott wirklich abwesend ist, auch das glaube ich. Weil ich in der Hingabe des Lebens Jesu etwas Tröstliches sehe, hoffe ich auch in der Hingabe meines Lebens um Jesu willen etwas Tröstliches zu finden ist.

Es geht nicht darum, wie wir es in diesen Kriegstagen von Politkern hören, dass wir um eines großen Zieles willen zusammenstehen und Schwierigkeiten ertragen müssen. Nicht darum, den eigenen Individualismus hinter die Interessen der Gemeinschaft zu stellen. Das kann manchmal angebracht sein, manchmal nicht. Aber es geht hier nicht um Erfolg, sondern um den Verzicht auf den eigenen Vorteil und die Akzeptanz von Grenzen.

4/ Jesus fragen

Wenn Sie das Bekenntnis zu Jesus schwierig finden; wenn Sie das Bekenntnis zum Leidenden schwierig finden und vielleicht noch mehr das Bekenntnis zum Leid; dann ist es vielleicht eine gute Idee, wenn Sie versuchen, zu beten und Jesus selbst mal zu fragen, statt über ihn zu reden.

Jesus fragt seine Jüngerinnen und Jünger: Wer bin ich für Euch? Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Wie wäre es, Jesus selbst mal zu fragen: Wer bist Du für mich? Denn so wichtig wie das Bekenntnis zu Jesus ist das Gespräch mit ihm, dem Auferstandenen: Was würden Sie Jesus fragen?

Montag, 9. Juni 2025

Feuer und Wasser


Predigt Pfingsten 2025 – Wasser und Feuer (Les: Apg 2; Joh 20)

Wir feiern heute an Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes, der "wie Feuer" den Jüngerinnen und Jüngern geschenkt wurde. Und wir feiern das Ende der Osterzeit, in der viele Menschen die Taufe empfangen haben, die aus dem Wasser und dem Heiligen Geist gespendet wird.

Die Zeichen, die mit Ostern und Pfingsten verbunden sind, haben elementare Bedeutung: Wasser und Feuer. Es sind zwei der so genannten vier Elemente, die schon in der Antike bekannt waren. Und sowohl Wasser wie auch Feuer sind Zeichen des Lebens: ohne Wasser und ohne Feuer könnten wir nicht leben! 

1/ Wasser. Alles Leben kommt aus dem Wasser. Unser Körper besteht zu einem Großteil aus Wasser. Und wer schon einmal wirklich Durst hatte, weiß es wie wichtig, dass erfrischende und kühlenden Nass für unseren Organismus wirklich ist. Gleichzeitig hat das Wasser auch etwas Bedrohliches. Ein reißender Bach kann Berge versetzen. Wenn es regnet, gibt es Überflutungen. Zuviel Wasser bedroht bzw. tötet alle Lebewesen.

2/ Feuer. Beim Feuer ist es ähnlich. Es wärmt bei Kälte, es lässt die Nahrung gar werden, so dass wir wichtige Energie zu uns nehmen können. Ohne Feuer würden wir sterben. Aber wer schon einmal in einen Brand geraten ist, weiß auch um die Bedrohung durch das Feuer. Es kann auf grausame Weise Leben töten - und zurückbleibt nur die Asche. Man soll mit dem Feuer nicht spielen, so wird schon den Kindern beigebracht.

Sowohl das Feuer wie auch das Wasser sind also sehr ambivalente Symbole. Sie dienen dem Leben und können es vernichten. Sie sind faszinierend und schön anzuschauen, stundenlang. Und beide lassen sich nicht fassen oder festhalten. Wasser zerrinnt uns zwischen den Fingern oder verdampft, wenn wir es in einem Gefäß aufbewahren. Und Feuer braucht etwas, was es verzehren kann. Das Feuer lässt sich nur brennend weiter-geben.

Spannend finde ich schließlich, dass beides gegensätzliche Elemente sind. Mit Wasser kann man Feuer löschen. Eigentlich schließen sich die beiden Symbole gegenseitig aus, oder nicht? 

Was bedeutet es, dass wir mit dem Wasser taufen und in der gleichen Feier um das Feuer des Heiligen Geistes bitten? Mir fällt diese Spannung in kleinen Momenten der Liturgie auf. In der Osternacht wird das neue Feuer mit dem alten Taufwasser gesegnet. Das zischt und verdampft; und jedes Mal frage ich mich, was das bedeutet: Feuer mit Wasser zu segnen? Oder was bedeutet es in der Osternacht, das Wasser mit dem Licht der Osterkerze zu segnen, die hineingetaucht wird?

Zwei Menschen sind wie Feuer und Wasser so sagen wir manchmal und meinen, dass sie sehr unterschiedliche Charaktere haben und sich nicht gut verstehen, dass es Konflikte gibt. Von daher könnte man sich also wundern, warum wir gerade diese Symbolik bei Taufe und Firmung zusammen vorfinden.

Doch wenn wir Christen unseren Glauben bekennen, dann geschieht das nicht auf der Grundlage allgemeiner Symbolik, sondern auf der Grundlage der jüdischen Tradition, besser gesagt: der Heilsgeschichte des Volkes Israel mit seinem Gott, in die wir hinein-gestellt werden. Und in diese Geschichte, in diesem Kontext, haben Wasser und Feuer über die allgemein menschliche Bedeutung hinaus, noch eine tiefere, geistliche Bedeutung. Schauen wir dort gemeinsam einmal hin.

1/ Wasser: wo kommt das Wasser in der Bibel vor und welche Bedeutung hat es dort? Schöpfung, Sintflut, Exodus, die Vision des Propheten Ezechiel von der Tempelquelle, die Verheißung des Jesaja von den Quellen des Heils. Wasser als Zeichen des Lebens, der Befreiung und der Erlösung aus der Knechtschaft und Sklaverei. Die Verheißung von neuem Leben für alle. Der Aspekt der Reinigung steht dabei nicht im Zentrum, sondern mehr dieses „hindurch“, nämlich untertauchen und auftauchen, der Aspekt der Transformation des Lebens und des Wachstums.

2/ Feuer: wo kommt Feuer in der Bibel vor und welche Bedeutung hat es dort? Es gibt das Feuer beim Opfer, zum Beispiel des Abraham (Gen 15), das Feuer bei der Begegnung mit Gott am Dornbusch (Ex 3), der Feuerwagen des Ezechiel. Feuer ist die Offenbarung Gottes, sein Licht. Das Feuer verzehrt und reinigt, wie z.B. die Lippen von Jesja mit glühenden Kohlen gereinigt werden (Jes 6,6). Im Schmelzofen wird das Gold gereinigt (Mal 3). Das Feuer steht am Ende der Zeiten mit dem Sturm, bei der Ankunft Gottes, als Zeichen für das Gericht (Jes 66).

Auch im Neuen Testament ist das Feuer ein Zeichen für das göttliche Heil am Ende der Zeit und für das Gericht, für das Himmel und Erde aufgespart worden sind (2Petr 3,7). Diese Vorstellung vom nahen Ende, vom kommenden Gericht, ist für uns heute eher fremd, obwohl sie für Jesus und die Jünger wohl selbstverständlich war. 

Jesus selbst hat allerdings nicht in erster Linie vom Gericht gesprochen, sondern er hat das Kommen des Reiches Gottes verkündet. Er hat davon gesprochen, dass das endzeitliche, messianische Heil schon jetzt anbricht: Ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens, wo den Armen und den Verlorenen Heil und Heilung geschenkt wird. „Wenn ich Menschen heile, wenn ich Sünden vergebe, wenn ich mit meinem Finger die Dämonen austreibe, dann ist das Reich Gottes schon mitten unter euch.“ 

Und genau diese Erfahrung von Heil, das alle menschliche Zeit übersteigt, haben die Jünger mit Jesus und nach seinem Tod gemacht. So lässt sich die Pfingsterzählung aus der Apostelgeschichte verstehen. Das brausen, der Sturm und das Feuer, die vielen Sprachen. Das ist genau das, was die Propheten angekündigt haben am Ende der Zeit.

„In jenen letzten Tagen wird es geschehen,“ so heißt es beim Propheten Joël, „ich werde von meinem Geist ausgießen über alle Menschen.“ (Joel 3, zit. n. Apg 2, 17)

Gott zeigt sich. Er ist schon da. Er offenbart sich nicht irgendwann am Ende der Zeit, sondern schon jetzt mit seiner Macht und Stärke als der Lebendige und Leben schaffende Gott. Eine Erfahrung wie Feuer, eine Erfahrung wie auf einer anderen Welt, auf die wir hoffen.

Es ist eine Zeit der Entscheidung und des Friedens gleichzeitig. Alles, worauf wir hoffen, wonach wir uns sehnen, wofür wir gelebt haben: Gerechtigkeit und Heil, all dies fängt schon jetzt an!

Wenn also der Auferstandene seinen Jünger den Heiligen Geist schenkt, wenn sie seine Gegenwart erfahren wie Sturm und Feuer, dann hat dieses Ende schon begonnen. Wasser und Feuer sind daher nicht einfach nur gegensätzliche, spannungsvolle Symbole, sondern sie verweisen auf die Heilszeit, in die hinein wir gestellt sind. 

Das Wasser der Schöpfung und der Befreiung am Anfang und das Feuer des Geistes und des Gerichts bilden sozusagen den Spannungsbogen unseres Lebens, besser gesagt, die Heilszeit unseres Lebens inmitten der Heilsgeschichte. Meine Geschichte in der Geschichte. Wir leben nicht einfach so dahin, sondern wir stehen in einer Geschichte, sind Teil einer Geschichte, die eine Richtung und einen Sinn hat.

Das Wasser des Heils schützt uns sozusagen hier und jetzt vor dem Feuer des Gerichts. Das „mit Christus untergehen und auftauchen“ führt dazu, dass wir keine Angst zu haben brauchen vor dem Feuer und dem Sturm. Ja, dass wir sogar in all dem Gottes Heilszeichen erkennen können, der Gerechtigkeit und Heil schafft.

Was bedeutet es an Jesus Christus zu glauben? Es bedeutet, ihm so zu vertrauen, dass wir mit ihm untergehen und auferstehen - und dann zu neuem Leben hinein gestellt sind in die Heilsgeschichte Gottes mit seinem Volk, der Heil und Gerechtigkeit schaffen wird, dereinst und schon heute. Amen.


Dienstag, 3. Juni 2025

Einheit und Frieden


Predigt 7. Sonntag der Osterzeit 2025 | Hamburg, Manresa – Einheit und Frieden

Les: Apg 7, 55–60; Offb 22, 12–14.16–17.20; Joh 17, 20–26

Als Papst Leo XIV. am 8. Mai gewählt wurde, begann er seinen Pontifikat mit dem österlichen Friedensgruß: „Der Friede sei mit euch allen!“. Mit vielen Menschen auf der Welt teilt er den Wunsch nach Frieden. Ihm sind das Geschenk des Friedens und der Einsatz für den Frieden durch das Gebet, den Dialog und die Begegnung wichtig. Damit verband er ein zweites Thema, nämlich die Einheit der Kirche: „Wir müssen gemeinsam herausfinden, wie wir eine missionarische Kirche sein können, eine Kirche, die Brücken baut.“

Auch in seinem Wahlspruch findet sich der Gedanke der Einheit: „in illo uno unum“ – „in dem Einen sind wir eins“. Dies ist ein Zitat aus einem Kommentar des Augustinus zu Psalm 127 und meint, dass die Christen, obwohl sie viele sind, in Christus vereint sind. „Denn obwohl wir viele Christen sind, sind wir in dem einen Christus eins.“

Einheit und Frieden. Diese zwei Worte gehören zusammen! Noch einige Beobachtungen:

Über dem klassizistischen Hauptportal unserer Kirche steht die lateinische Inschrift: „servate unitatem spiritus in vinculo pacis“ - „Bewahrt die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens“. Das ist ein Zitat aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesus. Dort heißt es: „Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens!“ (Eph 4,2-3)

Im Hochgebet der Liturgie heißt es nach dem Vaterunser: „Herr, Jesus Christus, schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche und schenke ihr nach deinem Willen Einheit und Frieden.“ – so wird es in jeder hl. Messe vom Priester gebetet. Und dann kommt der Gruß: „Der Friede des Herrn sei allezeit mit Euch.“

Einheit und Frieden. Diese zwei Worte gehören zusammen! Aber wie? Was kommt zuerst: die Einheit oder der Friede? Ist die Einheit ein Weg und ein Mittel, um Frieden zu schaffen? Oder ist der Friede notwendig, damit die Einheit wächst?

Schauen wir mal zunächst uns selbst und unsere eigenen Erfahrungen: wie oft kommt es in unseren Beziehungen, am Arbeitsplatz, in unseren Familien, in Freundschaften, in Ordensgemeinschaften, in unseren kirchlichen Gemeinden, zu Missverständnissen, zu Streit, zu Meinungsunterschiede, Konflikte, Auseinandersetzungen. Diese Konflikte sind unangenehm, ein Streit kann eine Freundschaft extrem belasten. Andererseits kann ein Streit aber auch klären, er kann wie ein reinigendes Gewitter sein. (vgl. Hermann Kügler, Streiten lernen, Würzburg 2012, Ignatianische Impulse Nr. 56).

Unterschiedliche Meinungen sind wichtig. Das muss nicht immer notwendigerweise feindselig sein. Wir Menschen sind einmalig und unterschiedlich und selbst wenn zwei Menschen die gleiche Auffassung in der Sache teilen, kann der Weg dahin oder die Verhaltensweisen so unterschiedlich sein, dass es zu Konflikten kommt. Streit ist wichtig, um eine bessere Lösung zu finden. Unterschiedliche Ziele müssen nicht schlecht sein. Unterschiedliche Perspektiven sind natürlich.

Fragen Sie zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall mal fünf Zeugen nacheinander und sie werden sechs Varianten zu hören bekommen. Vermutlich werden ihn die meisten Zeugen auch gleich Erklärungen liefern, wer schuld ist oder wer was falsch gemacht hat. Das liegt nicht daran, dass die Zeugen lügen, sondern daran, dass unsere Wahrnehmung und Interpretationen unterschiedlich sind, unsere Einstellungen und Wertungen. Doch wie kann man dann zusammenkommen? Wie kann aus Streit und Auseinandersetzung etwas Gutes entstehen, etwas Positives, dass uns bereichert und zu mehr „Leben in Fülle“ führt?

In den großen Auseinandersetzungen und Konflikten, in diesen Tagen, im Krieg in der Ukraine und dem Krieg im Heiligen Land, muss zunächst einmal ein Waffenstillstand verhandelt werden, muss zunächst einmal eine bestimmte Form von Frieden erreicht werden, bevor weitere Schritte getan werden können. Solange die Bomben fallen, solange kein Friede kommt, ist eine Aussprache und eine Versöhnung unmöglich und absurd. Von Einheit nicht zu sprechen.

Genauso ist in den Auseinandersetzungen in unserem Land zwischen links und rechts die Demokratische und friedliche Weise des Umgangs miteinander eine Voraussetzung, um sich über das Miteinander zu verständigen.

Auf der anderen Seite ist aber auch der Wunsch nach Einheit und Einigkeit eine starke Motivation, um Wege des Friedens und der Versöhnung zu suchen und zu finden. Einigkeit und Recht und Freiheit sind es Glückes Unterpfand, so heißt es in der Nationalhymne.

Und auch in den Kirchen ist bei allen Auseinandersetzungen zum Beispiel um den Synodalen Weg in Deutschland der Wunsch nach Einheit und der Glaube an den einen Herrn, eine Voraussetzung, um Frieden zu schaffen und eine bessere Form des Miteinander zu finden.

Was sagt das Evangelium nun zu dieser Frage von Einheit und Frieden?

Das Evangelium beginnt mit dem Frieden: Es ist das Geschenk Jesu am Ostertag an seine Jünger. Der Friede, der aus dem Herzen kommt. So haben wir es am vergangenen Sonntag gehört. Frieden hinterlasse ich euch. Meinen Frieden gebe ich euch! (Joh 14,27)

Dieser Friede ist eine Gabe für den Weg – und das Ziel ist die Einheit. Die Jünger und alle, die durch ihr Wort und Jesus glauben, sollen eins sein, und zwar nicht nur irgendwie idealerweise, sondern wirklich, „so wie der Vater im Sohn ist und der Sohn im Vater.“ Einheit des Wollens und Einheit der Liebe. Was für ein großes Ziel!

Dieses Ziel stellt allerdings selbst nochmals ein Mittel dar: Für den Glauben. Die Welt soll glauben, dass der Sohn vom Vater gesandt ist und dass Gott die Menschen liebt, mit unendlicher Liebe!

Um diese Einheit zu wirken, hilft den Jüngern zudem die Herrlichkeit des Sohnes, die er ihnen gegeben hat: Die Schönheit, die Würde, das Geheimnis der Liebe am Kreuz. Die Herrlichkeit ist ein großartiges Geschenk, das der Sohn den Seinen gegeben hat, und dies ist es, was zur Einheit hilft.

Ich fasse zusammen: der Friede, der von Jesus kommt, ist eine Voraussetzung und ein Grund, eine Motivation und ein wirksames Mittel für die Einheit der Kirche. Und zwar nicht irgendein Friede, sondern dieser Friede, der von Jesus kommt.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Kirche als Sakrament der Einheit beschrieben: „Die Kirche ist in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott und für die Einheit des ganzen Menschengeschlechts“ (LG 1). In Christus (!) ist sie dieses Sakrament!

Einheit und Frieden bedeuten nicht, dass wir uns alle immer super verstehen, dass es kein Streit und keine Auseinandersetzungen geben darf. Einheit ist nicht Einheitlichkeit. Einheit ist nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Einheit bedeutet aber auch nicht, dass jeder macht, was er will. Einheit in der Kirche wächst durch den Frieden, der von Christus kommt und dieser Friede entsteht in uns, je mehr wir selbst (jede und jeder) mit Christus verbunden sind, dessen Leib die Kirche ist.

Konkret, in meiner Ordensgemeinschaft: wir sind nicht alle Freunde, aber wir alle sind Freunde von Christus, Freunde im Herrn. Und deshalb sage ich oft zu Jesus, wenn es schwierig ist mit den Mitbrüdern: „Deine Freunde sind auch meine Freunde!“

Für mich persönlich ist der Friede das größte Geschenk des Herrn. Er bleibt vorläufig bruchstückhaft. Einheit und Friede, das ist nicht immer leicht und manchmal frage ich mich, ob die Art und Weise, wie ich und andere diese Einheit und Freundschaft leben, dem wirklich gerecht wird, was Jesus von uns erwartet und wünscht.

Und dann bete ich mit den Worten aus der Offenbarung: „Jesus, komm bald!“ und höre die Worte: „Ja, ich komme bald!“ (Offb 22,20) Und dann vertraue ich darauf, dass er selbst uns die Kraft geben wird, bis dahin mehr Einheit und Frieden zu leben. 

Dienstag, 27. Mai 2025

Triggerpunkte



Predigt  Sechster Sonntag der Osterzeit C 2025, Predigt | Hamburg, Manresa

Les: Apg 15, 1–2.22–29.

Gestern fand in Hamburg ein „Bistumstag“ statt. Denn die Kirche in Hamburg steht vor enormen Herausforderungen, wie sie den Glauben in den nächsten Jahren in dieser internationalen, multikulturellen Stadt und in diesem Bistum leben will und wie sie ihn weitergeben kann.

Auch die frühe Kirche in Jerusalem und Antiochia stand im ersten Jahrhundert vor enormen Herausforderungen, wie sie den Glauben der kleinen Schar der Jesus-Freunde in den verschiedenen Kulturen des Mittelmeerraums weitergeben konnte. Denn die Gruppe aus Galiläa und Jerusalem wuchs in Antiochia zu einer großen Bewegung, zu der nicht nur Juden gehörten, sondern Nicht-Juden („Heiden“). Sie kamen aus anderen Völkern und hatten das Evangelium überraschenderweise angenommen. Sie bekannten Jesus Christus als Sohn Gottes und als Erlöser der Welt und ließen sich taufen.

Es waren einerseits Menschen, die nach dem jüdischen Gesetz lebten, die sogenannten „Gottesfürchtigen“. Sie hielten die Speisevorschriften der Juden ein und ließen sich beschneiden. Es waren anderseits Menschen, die nicht nach dem jüdischen Gesetz lebten, und trotzdem getauft wurden. In Antiochia nannte man diese Gemeinschaft aus Juden und Nicht-Juden zum ersten Mal „Christen“. Und von dort wurden Paulus und Barnabas ausgesandt, und zwar explizit nicht nur zu den Juden, sondern auch zu den Heiden. Staunend berichtet Paulus davon. Die Apostelgeschichte ist auf dem Hintergrund dieser großartigen Ereignisse entstanden.

So kam die Frage auf, was das nun in Zukunft bedeutet. Ob alle Christen grundsätzlich nach dem Gesetz des Mose leben sollten, weil ja Jesus so gelebt hat und das Gesetz von ihm nicht aufgehoben wurde. Oder ob es sozusagen zwei Weisen gibt, zu Christus zu gehören, nämlich als Jude und als Nicht-Jude. Diese Frage wurde damals den Aposteln und den Ältesten der Gemeinde in Jerusalem vorgelegt. Davon berichtet der Abschnitt der Apostelgeschichte, den wir gehört haben.

Die Entscheidung, die damals getroffen wurde, war von großer Bedeutung. Und zwar sowohl die Weise, wie sie gefunden wurde, als auch der Inhalt. Denn es ging letztlich darum, wie die Botschaft von Jesus Christus Menschen nahegebracht werden kann, die einen anderen kulturellen Hintergrund haben.

Heute haben wir das Ergebnis der Beratungen gehört. Der Weg, den die junge Kirche gefunden hat, baut auf der jüdischen Tradition auf. Der jüdischen Tradition zufolge gibt es drei Arten von Lebensregeln mit unterschiedlichen Adressaten:

a/ erstens gibt es Lebensregeln, die für alle Menschen gelten, weil alle von Gott geschaffen sind. Dazu gehört zum Beispiel das Verbot zu töten und andere zu berauben.

b/ zweitens gibt es Lebensregeln, die nur für das Volk Gottes gelten, insbesondere die Speisegebote, die Beschneidung, oder die Gebote zur Gottesverehrung, den Sabbat zu heiligen.

c/ und drittens gibt es einzelne wenige Gebote, die den Fremden, die in Israel wohnten, auferlegt waren. Sie beschreiben ein Mindestmaß an religiösem Respekt im Umgang miteinander, der sich durch den Schutz der Würde des Lebens ausdrückt. Es geht also hier nicht um moralische Regeln, sondern es geht eigentlich um das erste Gebot, um den Respekt vor dem Gott des Lebens; Regeln, die für alle Menschen im Miteinander gelten. Verstöße gegen diese Regeln waren für Juden damals sozusagen „Triggerpunkte“.

Diese wenigen Regeln werden als das notwendige Mindestmaß im Umgang miteinander beibehalten. So sehen es auch die Apostel, wenn sie sagen: es soll "euch keine weitere Last auferlegt werden als diese notwendigen Dinge." Das bedeutet, diese Dinge kommen nicht hinzu, denn sie gelten von jeher. Sie sind keine zusätzliche Last, denn diese Regeln ermöglichen das Zusammenleben; es sind eben: „notwendige Dinge“.

Es geht um drei Bereiche des Lebens, die hier angesprochen werden: Die religiöse Ausrichtung des Lebens, die Achtsamkeit bei der Ernährung und die Grenzen von Sexualität.

1/ Das Verbot von Götzenopferfleisch. Es meint eine Erhaltung von dem Nutzen, den ich selbst daraus ziehen kann, dass andere Menschen ihr Leben falsch ausrichten. In der Sprache der Bibel: Götzen opfern. Ich selbst darf nicht anderen Göttern opfern, das ist sowieso klar. Aber ich darf eben auch nicht das gute Fleisch essen, das übrigbleibt, wenn andere Menschen das tun!

Es ist doch auch heute so: Menschen machen sich unfrei und opfern ihr Leben für Dinge und Ziele, die dem Leben selbst widersprechen. Was sind diese Herrschaftsansprüche und Götzen heute die Menschen unfrei machen? „Diese Wirtschaft tötet“, hat der verstorbene Papst Franziskus im Blick auf die weltweite Ausbeutung und den Menschenhandel gesagt. Auch wenn wir selbst nicht an diese Götzen von Konsum und Geld und Erfolg glauben, in welcher Weise profitieren wir aber davon? Wo setze ich damit meine eigene Freiheit aufs Spiel?

2/ Das Verbot von Ersticktem und Blut. Es meint Enthaltung von Nahrung, die ohne Bewusstsein für den Wert des Lebens produziert wurde. Konkret war es damals so, dass nur geschächtete Tiere gegessen werden durften, d.h. Tiere, aus denen das Blut vollständig herausgelaufen war. Das Blut ist nach der jüdischen Vorstellung der Sitz des Lebens, und damit heilig.

Die Achtsamkeit für das, was ich esse, die Achtsamkeit für die Tierhaltung, eine Lebens- und Ernährungsweise, die die Würde der Schöpfung respektiert: All dies scheint mir heute aktueller denn je! Zehn Jahre nach der Veröffentlichung der Enzyklika „Laudato Si“ ist in der Welt schon viel in dieser Richtung geschehen, aber viel ist noch zu tun. Viel zu oft wird die Schöpfung ausgebeutet, werden Tiere zu Produktionsgütern. In so vielen Bereichen unseres Lebens braucht die Gesellschaft eine Umkehr, denn die ökologische Krise ist zugleich auch eine soziale Krise.

Die Ernährung mit Respekt vor dem Leben der Tiere könnte tatsächlich ein Schlüssel sein für unseren Weg aus der Krise. Das meint nicht, dass ich mich künftig nur noch vegan ernähren muss, aber es meint durchaus ein Bewusstsein für das, was ich esse und wie es produziert wurde.

3/ Schließlich das Verbot von Unzucht (griechisch porneia). Das meint die Enthaltung von verkehrter Sexualität. Es geht hier nicht um unmoralisches Verhalten zwischen Menschen, wie zum Beispiel den Ehebruch, sondern es geht um eine Weise, die Sexualität auszuleben, die der Liebe und dem menschlichen Leben grundsätzlich widerspricht: sexuelle Gewalt, sexuelle Ausbeutung, Inzest.

In Israel gab es klare und weitreichende Verbote von sexuellen Beziehungen zwischen Verwandten, die im Buch Levitikus (Lev 17-18) nachzulesen sind, und die nicht nur biologisch zu begründen sind, wie zum Beispiel das Verbot der Ehe mit Verwandten, auch mit Stiefkindern. Auch das klare Verbot, die eigenen Kinder für Dienste an den "Moloch" zu verkaufen, gehört dazu - was auch immer das im Kontext von verkehrter Sexualität zu bedeuten hat! Wenn wir heute auf unsere Gesellschaft blicken, dann scheint mir klar, dass diese Hinweise zu einer Enthaltung von grundsätzlich verkehrter Sexualität sehr aktuell ist!

Keine weiteren Lasten, sondern nur diese notwendigen Dinge, die den Respekt vor der Würde des Lebens zum Ausdruck bringen: Keinen Nutzen ziehen aus dem verkehrten Glauben und Verhalten der anderen ziehen, Achtsamkeit bei der Ernährung und die Grenzen von Sexualität zu respektieren.

Weil unser Gott ein Gott des Lebens ist, deshalb glaube ich, dass nicht nur die Art und Weise, wie die Apostel damals entschieden haben, sondern auch der Inhalt für uns heute eine Bedeutung haben. Es geht darum, den Glauben in einem neuen, anderen kulturellen Kontext zu verkündigen und andere Lebensformen zu akzeptieren - ohne die Verbindung zu einigen grundlegenden Regeln aus Respekt vor der Würde des Lebens zu verlieren. Wenn unsere Kirche hier im Erzbistum Hamburg dies schafft, dann werden wir gut in die Zukunft gehen.

(nach einer Idee von Pater Martin Löwenstein SJ: https://www.martin-loewenstein.de/predigt-6-sonntag-der-osterzeit-c-2022.html